Angst nach den Krawallen

Nach den schweren Krawallen im Schanzenviertel habe ich große Angst vor meinen Mitmenschen. Es ist nicht so, dass das ein neues Gefühl wäre, die Verrohung der Menschen ist mir häufig aufgefallen, aber man verdrängt das im Alltag. Aber jetzt sind sie wieder da und sie sind laut. Sie fordern Ordnung, Gehorsam und die Todesstrafe.

Demokratie in all ihrer Fehlerhaftigkeit ist nach wie vor die beste Regierungsform, die wir haben und das sage ich bei aller Liebe, die ich für linksradikale Politik habe. Sie ist aber kein Gottesgeschenk sondern wurde hart erkämpft und auch ihren Erweiterungen bzw. Verbesserungen (Frauenwahlrecht und so) sind Kämpfe vorausgegangen, Kämpfe die auch auf der Straße ausgetragen wurden. Kämpfe die teilweise weit gewalttätiger waren, als sich das die meisten von uns in ihrer Wohlstandswohlfühlblase vorstellen können. Die Prinzipien des liberalen Rechtsstaats sind weit von Utopia entfernt, aber sie sollen vor den gravierendsten Freiheitseingriffen schützen die andere Regime in der Vergangenheit mit sich brachten und auch in der Gegenwart noch mit sich bringen. Diese Prinzipien sind aber weit weniger sicher, als das manchmal den Anschein haben mag. Ihr Fortbestehen ist an das geknüpft, was Adorno “Erziehung zur Mündigkeit” nannte. Genau diese Erziehung genießen auch in demokratischen Staaten nicht alle Menschen.
Wenn Martin Schulz etwa schreibt, die Polizisten hätten Leib und Leben riskiert, um den Rechtsstaat zu schützen, gleichzeitig aber verschiedenste schwerwiegende Rechtsbrüche der Polizei dokumentiert sind, wenn mit Pressefreiheit und Versammlungsfreiheit grundlegende Legitimationsprinzipien des Staates, seiner Institutionen, und damit natürlich auch des staatlichen Gewaltmonopols, nach Gusto außer Kraft gesetzt werden; wenn brennende Barrikaden, Plünderungen und Verwüstungen in einigen Stadtteilen (in denen auch viele Aktivist*innen oft nur wenig Sinn für ihre Sache erkennen können) vielen Menschen als das Werk einer neuen SA, als dem Holocaust und sowieso einen Kriegszustand gleich gelten, während das einzige, das an Krieg erinnert der Einsatz militarisierter Sondereinheiten der Polizei als Reaktion auf eben jene kleinen lokal begrenzten Riots ist; wenn Pressevertretern ihre Arbeit gewaltsam durch Einsatzkräfte verunmöglicht wird, Presseausweise in den Augen der Staatsmacht wortwörtlich “hier nichts wert” seien, zeigt sich wie schwerwiegend der Mangel an Mündigkeit ist.

All das ist zwar nicht der Beweis dafür, dass Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eigentlich gar nicht existierten, es ist aber ein Aufflackern der Möglichkeit eines viel Schlechteren. Es gibt Leute, die für Sachbeschädigung, Landfriedensbruch und Diebstahl die Todesstrafe fordern. Menschen ertrinken, sterben in LKW, erleben täglich tatsächliche Bürgerkriegszustände und fliehen davor. Andere Menschen gehen genau gegen diese mit aller Gewalt vor, zünden deren Unterkünfte an, von richtigem Zuhause kann wohl in keinem der Fälle die Rede sein, aber das sollen berechtigte Sorgen sein. Nazis morden unter den Augen des Verfassungsschutzes, aber das finden die Menschen höchstens bedauerlich. Ohne die Kritik hier zu arg verkürzen zu wollen, aber selbst bandenmäßig organisierter Diebstahl von Steuergeldern in zweistelliger Milliarden(!!)höhe, wie ihn Journalist*innen von Panorama und Süddeutsche jüngst aufdeckten, bleibt eine Randnotiz. All das macht diese Menschen nicht wütend. Sie werden wütend, wenn ein Twingo brennt und sie zum Rewe 500 Meter weiter müssen. Dann fordern sie die Todesstrafe, sie, die meinen Grundrechte seien etwas, das man verwirken könnte. Aber Hauptsache sie räumen auf und fegen die Straßen gründlicher, als die Stadtreinigung das je getan hat. Hinter der Fassade ihrer guten Bürgerlichkeit, wird ihr autoritärer Charakter offenbar.

Über 20.000 Polizist*innen haben die Stadt in Beschlag genommen. mit ihrem Vorgehen gegen Camps, mit dem Hinwegsetzen über geltende Gerichtsbeschlüsse, mit Angriffen auf biertrinkende und zeltende Menschen, mit einem unverhältnismäßigem und brutalen Angriff auf eine Demonstration haben sie ihren Teil dazu beigetragen, eine Situation zu schaffen, in der Spezialeinheiten zur Bekämpfung von Krawallen eingesetzt wurden. Das war politisch gewollt und das wurde immer klarer, angefangen mit dem Einsetzen Herrn Duddes als Gesamteinsatzleiter. Wenn Schanzenkrawalle als Übungsfeld für Aufstandsbekämpfung dienen, dann ist das ein Offenbarungseid der Politik. Die Riots in Pariser Banlieus und Londoner Vororten etwa, waren Ausdruck politischer Probleme, die nach wie vor nicht gelöst sind und die es auch hierzulande gibt. Allen voran ist es die immer größer werdende soziale Ungleichheit in der Gesellschaft. Die Möglichkeit wirklich großer Ausschreitungen in deutschen Großstädten wächst, was auch der Politik bewusst ist. Es drängt sich der Eindruck auf, die Politik, selbst jene Parteien, die das Wort „Sozial“ in ihrem Namen tragen und jene, die sich aus der 68er Bewegung gegründet haben, gewöht das öffentliche Auge an schwer bewaffnete Spezialkräfte auf den Straßen, weil sie entweder nicht willens ist oder sich nicht in der Lage sieht die derartigen Riots zu Grunde liegenden Probleme (beispielsweise sich vergrößernde sozialer Ungleichheit) politisch zu lösen.

All das berücksichtigend und bei aller Hoffnung auf eine bessere Welt, bei aller Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen, die Sorge, dass diese von oben wie unten zu unser aller Ungunsten verschlechtert werden, scheint berechtigt. Die Möglichkeit, die dürftigen Freiheiten der liberalen Demokratie gegen diese Menschen verteidigen zu können, erscheint schon fast utopisch. Deshalb machen mir meine Mitmenschen Angst und deswegen bin ich konsterniert. Vor allem aber, weil ich fürchte, das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht.

PS: Ich bin nicht mal krasser Gipfelgegner und fand den Großteil der Kritik an G20 inhaltlich eher dürftig.

Lafokratie

„Demokratie heißt eine Gesellschaft, in der sich die Interessen der Mehrheit durchsetzen. Wenn du glaubst, die Interessen der Mehrheit setzen sich in Deutschland durch, dann kannst du auch daran glauben wir haben eine Demokratie. Wenn ich an Leiharbeit, an Mindestlohn, an Niedriglohnsektor denke, an viel zu niedrige Renten, an Zerstörung der Rentenformel, die Arbeitslosenversicherung, die Gesundheitsversicherung, dann kann ich nicht sagen: Die Interessen der Mehrheit setzen sich durch. Wir sind ein parlamentarisches System, in dem sich zuerst die Interessen der oberen 10 Prozent durchsetzen. Das sieht man bei der Erbschaftssteuer, bei der gesamten Steuer. Es ist also ein Märchen zu sagen, in Deutschland setzen sich die Interessen der Mehrheit durch.“

Oskar Lafontaine im Interview mit Thilo Jung

Und so palavert Oskar, Deutschland sei eine Oligarchie und keine Demokratie unter Berufung auf den Griechen Perikles und scheint damit seine politischen Überzeugungen unter anderem auf eine 2500 Jahre alte Definition von Demokratie zu stützen, die freilich mit dem, was wir heute unter einem demokratischen Verfassungsstaat verstehen, herzlich wenig zu tun hat.

Zwar kann diese Definition aus dem Wort Demokratie selbst abgeleitet werden, Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Partizipationsrechte, und Minderheitenschutz kennt sie aber nicht zwangsläufig. Den Interessen der Mehrheit jedenfalls, wird von Recep Tayyip Erdogans Anhängern (ob staatlich oder zivil) derzeit auf Türkischen Straßen nachgekommen – mit tödlichen Folgen und im Namen der Demokratie.

Wenn es also links sein soll, Oskar, für eine Demokratie einzustehen, in der es einzig und allein darum geht, die Interessen der Mehrheit durchzusetzen, dann möchte ich nicht links sein. Eine derartige, aus dem Schutz demokratischer Rechte heraus geplauderte, dumme Verkürzung des Demokratiebegriffs ist nämlich ein Schlag in die Fresse all jener, die nicht nur in der Türkei, ohne Aussicht auf Rechtssicherheit und im Namen des Mehrheitsinteresses verhaftet und eingekerkert werden, wenn nicht schlimmeres. Ein solcher Begriff trägt darüber hinaus in keiner Weise dazu bei, tatsächliche Probleme innerhalb des demokratischen Systems anzusprechen.

Artikelbild: Foto von DieLINKE auf Flickr; lizensiert unter CC-BY-NC-SA 2.0

Die neue Rechte hat Polizei. Schon lange.

Eine kurze Anmerkung zu Quellen und Internet

Als in den letzten Tagen das Foto des rechten Schmuddelhefts „Compact“ hinter der Windschutzscheibe eines thüringischen Polizeifahrzeugs auftauchte, für ein bisschen Netzfurore sorgte und letztlich zur Versetzung der verantwortlichen Beamten führte, flickerte in meinem Kopf die Erinnerung an ein ähnliches Foto auf: ein Polizist liest „Deutschland schafft sich ab“ im Wasserwerfer.

Also fragte ich einen Freund, ob er sich ebenfalls erinnere, tat er aber nicht. Offensichtlich kann er aber besser mit Google um, als ich und so schickte er mir einen Link zu einem Tweet mit dem Foto aus meinem Kopf. Direkt mal twittern:
 

Und da das Ding jetzt rumkursiert und mittlerweile, zumindest in meiner Facebook Timeline, auch mit der gestrigen Demo / Fanmarsch auf Sankt Pauli in Zusammenhang gebracht wird, habe ich meine bescheidenen Google Fertigkeiten in Anschlag gebracht. Denn eines wird ja aus dem (Re-)Tweet ganz klar: das Foto ist mindestens ca. 2 Jahre alt. Es ist aber noch älter. Der mir in keiner Weise geachtete Internetverschwörungsguru „Fefe“ hat das Ding auf seinem Rudimentärblog schon im November 2010 rausgehauen. Ich habe keine früher datierten Veröffentlichungen finden können, es ist daher bei dem Datum nicht unwahrscheinlich, dass es bei den damals stattfindenden Anti-Castor Protesten aufgenommen wurde.
Es gibt auf jeden Fall zwei Dinge die älter sind als das Foto: Das Buch von Thilo ist ein kleines bisschen älter (erschienen im Sommer 2010), das Problem mit Rechten innerhalb der Polizei (in Hamburg, Thüringen und sonstwo) ist noch viel viel älter.

Staat auf dem Rückzug

Während in Heidenau der Mob wütet, winken in München Bürger*innen den ankommenden Geflüchteten und empfangen sie mit Wasser, Decken, Obst und Stofftieren. Und während allenthalben das ehrenamtliche Engagement für Geflüchtete gelobt und herausgestellt wird, bekommt der Mob mit neuerlichen „Asylkompromissen“ den Lohn für seine Brandanschläge. Im Angesicht dieser Gleichzeitigkeit findet unser Gastautor eine handlungsunfähige radikale Linke, die sich auf die Antworten von vor 25 Jahren stützt und der aktuellen Entwicklung nichts entgegenzusetzen weiß und obendrein die Tragweite der aktuellen Geschehnisse zu verkennen scheint.

Von Lunge (Gastautor)

„Die Maßnahmen, die wir vorschlagen und gemeinsam umsetzen wollen, haben sicherlich auch Einfluss auf diese neuen Zugangszahlen. Wir hoffen, dass sie dann deutlich geringer werden.“
– Bundesinnenminister Thomas de Maiziere am 05.08.2015

„Deutschland zeigt sich gerade als starkes und mitfühlendes Land. Stark und mitfühlend: Das ist, glaube ich, das, was das Engagement vieler Menschen ausdrückt. Wir haben heute alle miteinander in den Gesprächen erst einmal denen gedankt, die das vor Ort machen – mit großem Engagement und meistens im Ehrenamt. […] Deswegen kann ich sagen, dass ich das von Thomas de Maizière vorgelegte Konzept ausgezeichnet finde und dass es aller Ehren wert ist, das jetzt sozusagen in die Praxis umzusetzen. “
– Sigmar Gabriel am 05.08.2015

Die Debatte in der deutschen Flüchtlingspolitik wirkt derzeit polarisiert, polarisiert im Angesicht von 335 rechten Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte im ersten dreiviertel Jahr 2015. Das offizielle Deutschland inszeniert eine „Willkommenskultur“ für Geflüchtete, die letztlich in komplette Selbstgerechtigkeit gipfelt, etwa im Rahmen einer Aktion von „BILD“ und Deutscher Fußballliga unter dem großen Motto „Wir helfen!“. Das Objekt der Hilfe wird kaum sichtbar an den Rand gedrängt, Geflüchtete sind hier beliebig austauschbar, durch Kinder, Obdachlose oder Straßenhunde in der Ukraine.

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Eine Antwort an Jan Fleischhauer

Moin Jan Fleischhauer,
ich möchte mich bei Ihnen bedanken für Ihre heutige Kolumne bei SPIEGEL Online. Nachdem die Texte, sowohl in der Print- als auch in der Online-Ausgabe der Abiturienten-BILD, in letzter Zeit deutlich zu sehr meine Meinung getroffen haben, haben Sie sich ein Herz gefasst und das Zerrbild wieder gerade gerückt. Es darf einfach keinen SPIEGEL links von Helmut Schmidt geben.

Ich würde Ihnen ja sogar Recht geben, mit Ihrer These, dass die Gutmütigkeit, die Ihre (potentielle) Leserschaft an vielen Orten Geflüchteten entgegenbringt, schnell auch ins Gegenteil sich verkehren kann, wenn es nicht bei einer Zahnbürste extra beim Wocheneinkauf bleibt, sondern tatsächlich Einschnitte gemacht werden müssen. Wut- und Gutbürger waren sich immer schon näher, als manchen klar ist.

Ich hoffe Sie kommen damit klar, dass ich die Menschen Geflüchtete nenne. Ich weiß, Sie bevorzugen das tradierte „Flüchtling“, und Sie finden das auch gar nicht diskriminierend, nur definieren zum Glück nicht Leute wie Sie, wann sich jemand diskriminiert zu fühlen hat. Genauso wenig haben Sie zu entscheiden, ob ein Trauma real ist oder nicht. Ich frage mich (und Sie), Jan Fleischhauer, ist das eine Denkleistung, die Ihnen zu vollbringen so schwer fällt? Auch relativieren Sie den rassistischen Mob, der kurz davor war, ein zweites Lichtenhagen zu verursachen, mit Auseinandersetzungen zwischen Geflüchteten. Es kommen derzeit diverse Menschen zu uns, mit diversen Hintergründen und diversen Problemen und Konflikten – auch untereinander. Aber das stellen Sie dann auf eine Stufe mit den Gewaltexzessen hassverzehrter Nazifratzen?

Obendrein folgt dann Ihre absurde Conclusio, dass wir nämlich deswegen schneller, rigoroser und gründlicher die Spreu vom Weizen zu trennen und alle, die keine „echten“ Flüchtlinge sind, zurückschicken müssen. Schlichtweg dumm! Wir sollen also zum Beispiel Roma aus den Balkanstaaten, weil da ist es ja sicher, sagt irgendwer, abschieben, damit die Gutmütigkeit der Deutschen nicht zu schnell in Hass umschlägt, wie in Heidenau?

Und damit sind die Konflikte unter Geflüchteten gelöst und das Naziproblem lösen dann die 10bar aus dem WaWe10000. Der war aber nicht da in Heidenau, als eine unterbesetzte Polizei zwei Tage lang mit Mühe und Not die Wut des Mobs erlebte, ihn weitgehend gewähren lies. Erst die Antifaschist*innen, die dann am dritten Abend anreisten, um vor Krieg und Verfolgung geflohene Menschen vor dem Hass der dummen Deutschen zu schützen, bekamen das Waffenarsenal der Polizei zu spüren. Pfefferspray, Schlagstock, Wasserwerfer – Knochenbrüche, Haut- und Augenreizungen, Schürfwunden und Prellungen. Danke.

Heidenau, das wissen Sie, ist nicht überall. Heidenau, vor wenigen Wochen nannte man das wenige Kilometer entfernte Freital, ist aber an verdammt vielen Orten. Allein in der ersten Hälfte diesen Jahres gab es über 200 Übergriffe auf Unterkünfte von Geflüchteten. Doch alles, was Ihnen dazu einfällt, ist das Problem klein zu reden und darauf zu drängen rigoroser abzuschieben, damit das soeben klein geredete Problem nur ein bisschen größer bleibt, als Sie es machen und nicht noch viel größer.

Mit Ihrer Argumentation liefern Sie dem Stammtisch Argumente, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der wahrscheinlich größten humanitären Katastrophe seit dem zweiten Weltkrieg ist das aber nicht. Vermutlich wäre eine solche aber auch nicht zu erwarten. Sie sind schließlich bloß Schreiberling bei SPIEGEL Online, nicht etwa „echter“ Journalist. Ein „echter“ Journalist würde sich nicht die Blöße geben einen ganzen Absatz despektierlicher Äußerungen über Slogans der radikalen Linken und Fair Trade Kleidung zu verschenken.

Und deswegen, Jan Fleischhauer, sollte man ihren geistigen Abfall, ganz schnell, rigoros und gnadenlos ins Daten-Nirvana abschieben – denn dahin, wo er herkam, wird er wohl nicht zurückgehen.

Ciao!

Artikelbild: Jan Fleischhauer (Abbildung ähnlich) Foto von Oliver Hallmann auf Flickr; lizensiert unter CC-BY 2.0

Solidarität mit Refugees: Das Gegenteil von ‚gut‘ ist ‚gut gemeint‘

von @probablyzuerich (Gastautor) und Hugo Kaufmann

Während in Harvestehude der Bau einer Geflüchtetenunterkunft vorerst auf Eis liegt, nachdem einige Anwohner*innen geklagt haben und in diversen deutschen Städten nach wie vor, getrieben von einer diffusen Mischung aus Abstiegsängsten, Rassismus und Nationalismus, teilweise zig-tausende Menschen auf die Straßen gehen, wenn nicht gar schlimmer hetzen und attackieren, kann der Stern von einem Beispiel berichten, in dem eine kleine Gemeinde mit Geflüchteten gänzlich anders umgeht:

„Des sant auch Menschen, bloß a bisserl schwarz“

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Eine Abschiebung kommt selten allein

Abschiebungen sind gängige Praxis in Deutschland und Hamburg. Auch in den Kosovo werden immer wieder Menschen abgeschoben, unter ihnen viele Roma. Am Mittwochmorgen sollte Familie S. vom Hamburger Flughafen abgeschoben werden. Ein Augenzeugenbericht.

Gastbeitrag von Kalle Blomquist

Mittwoch morgen 07:30 Hamburg Hauptbahnhof. Eine Familie steht auf Gleis 3. Drumherum hunderte Menschen wie jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit. Zwei große Taschen, ein Kinderwagen, es wird auf die S1 zum Flughafen gewartet. Alles sieht nach Urlaub aus. Doch für Familie S.  soll es heute nicht in den Urlaub gehen. Es soll in den Kosovo gehen, die Region, aus der sie einst flüchteten. In Deutschland ist angeblich kein Platz für Familie S.

Einige Unterstützer*innen haben sich ebenfalls eingefunden und stehen lose auf dem Bahnsteig herum, auch eine Dolmetscherin ist organisiert worden. Die Stimmung ist bedrückend, jede*r Anwesende weiß, das hier und heute Träume, vielleicht Leben zerstört werden. Am Flughafen große Ratlosigkeit. Keiner weiß wo es hingehen soll. Man solle sich bei der Polizei melden, hieß es. Nur wo? Die Beamten in der Abflugshalle weisen zwischen Urlaubsvorfreudigen und Geschäftsleuten darauf hin, dass „Rückführungen“ von der Bundespolizei im Nebengebäude durchgeführt werden. Vereinzelt werden kleine Plakate und Transparente herausgeholt. Vor dem Nebengebäude angekommen wird allen Unterstützer*innen im Vorraum der weitere Kontakt untersagt nur die „Deportees“ dürfen in die Wache. Auf Nachfragen nach dem weiteren Vorgehen/Verfahren wird lapidar mit „Darüber rede ich mit ihnen nicht“ geantwortet. Das wars. Bumm. Tür zu. Große Resignation. Ratlosigkeit. Eine Abschiebung kommt selten allein weiterlesen

Polizei Hamburg betritt #Neuland

Wir schreiben das Jahr 2014. Die Hamburger Polizei feiert ihren 200. Geburtstag und zeigt, wie gekonnt sie der Zeit aufs Zahnfleisch fühlen kann:

Das Kommunikationsverhalten der Menschen verändert sich permanent, soziale Netzwerke erhalten immer mehr Bedeutung für das tägliche Leben. Deshalb stellt sich auch die Polizei diesen neuen Anforderungen.

Polizei Hamburg betritt #Neuland weiterlesen

13. Februar 2014: „Wären hier Nazis, würden wir blockieren“

Für den 13. Februar 2014 ruft das Bündnis „Nazifrei! – Dresden stellt sich quer“ zum fünften Mal infolge dazu auf, einen Fackelmarsch der Nazis in Dresden zu blockieren. Was in den vergangenen vier Jahren erfolgreich war, soll auch dieses Jahr gelingen. Keinen Fußbreit den Nazis, egal, wo sie sich versammeln werden.

Youtube Direktlink

Politische Verbote in Stadionordnungen

(Beitragsbild: CC BY-NC-SA 2.0 von Corscri Daje Tutti! [Cristiano Corsini] auf Flickr)

Ursprünglich war dieser Blogpost von der Änderung der Stadionordnung bei Hertha BSC im Jahr 2013 und der sich daran anschließenden Diskussion inspiriert. Die Fertigstellung hat sich leider etwas hinausgezögert. Das Thema ist aber ohnehin ein Evergreen und hat zudem durch die Diskussion um die Gefahrengebiete in Hamburg, sowie die Mehr-oder-Weniger-Abschaffung der Extremismusklausel zusätzlich Aktualität erlangt. Politische Verbote in Stadionordnungen weiterlesen

Davidwachenangriff: Neue Erkenntnisse durch renommierten Wissenschaftler

*** SATIRE ***

Mittlerweile heißt es aus LKA-Kreisen bekanntlich, für den vermeintlichen Angriff auf die Davidwache am 28.12.2013 soll Ultrà Sankt Pauli verantwortlich gewesen sein.

Wir haben hingegen erfahren, dass es sich bei den Rufenden um Anti-Gefahrengebiets-Protestler gehandelt haben soll. Forscher haben am 28.12.2013 Risse im Raum-Zeit-Kontinuum beobachtet. Die Rufe „USP! USP!“ haben demnach so nie stattgefunden. Stattdessen habe ein Tross Super-Kreativer „Klo-bürs-tee! Klo-bürs-tee!“ gerufen. Davidwachenangriff: Neue Erkenntnisse durch renommierten Wissenschaftler weiterlesen

SPD plant Demo gegen „Linke (?) Gewalt“

Update 14:20: Die SPD dementiert das Vorhaben nicht, weitet es aber in einer Hinsicht aus und schränkt es in anderer Hinsicht ein. So soll es keine Demonstration geben, sondern lediglich eine stationäre Kundgebung. Thematisch möchte sich das Bündnis gegen Gewalt generell richten, also auch gegen „linke“, aber eben nicht nur. Welcher Gewaltbegriff dem zugrunde liegt, und ob etwa auch Polizeigewalt inbegriffen ist, ist zu Stunde nicht überliefert. SPD plant Demo gegen „Linke (?) Gewalt“ weiterlesen