Der DFB ist so gut und so gerecht…

… wie er eben sein kann.

Arten von Gerechtigkeit

„In der gerechtigkeitstheoretischen Tradition des Aristotelismus unterscheidet man zwei Arten von Gerechtigkeit, die iustitia regulativa sive correctiva, in commutatibus directiva, und iustitia distributiva. Die iustitia directiva ist eine ausgleichende, eine entschädigende Gerechtigkeit; und je nachdem, ob die Ausgleichs- oder Entschädigungsverpflichtung einem Rechtsbruch oder einem Vertrag entspringt, nimmt die iustitia directiva die Gestalt einer iustita correctiva oder einer iustitia commutativa an; erstere umfaßt alle obligatores ex delictu, letztere alle obligatores ex contractu. Die ausgleichende Gerechtigkeit verlangt die Erfüllung von Schuldigkeitspflichten, officia debiti. Die Erfüllung einer Schuldigkeitspflicht macht ‚eine Verbindlichkeit, die da war, ungeschehen’. Schuldigkeiten sind ‚negative Größen’, vom Schuldner herbeigeführte und verantwortete Mängel, die durch entsprechende Leistungen auszugleichen sind. Unrecht ist im Lichte der iustitia directiva einer Gleichgewichtsstörung vergleichbar, die nach einer Restabilisierung verlangt. Kant hat für diesen Gerechtigkeitstyp darum auch die Folgende Formel gefunden: ‚- a + a = 0’(Kant, AA XIX, Refl. 6585)“[1]

Einer Verbandstrafe des DFB für den Kassenrollenwurf vom Heimspiel des FC St. Pauli gegen Eintracht Frankfurt liegt dementsprechend eine Vertragsverletzung zugrunde woraus obligatores ex contractu entstehen und die iustitia commutativa greift. Der DFB setzt dabei das Strafmaß mittels seiner eigenen Gerichtsbarkeit fest, der FC St. Pauli akzeptiert diese Gerichtsbarkeit, wie alle anderen Vereine, durch seine einvernehmliche Mitgliedschaft im Verband. Die Strafe – ganz gleich welcher Art und Schwere – ist also im Sinne der iustitia commutativa eine gerechte, da sie einer vertraglichen Vereinbarung entspringt. Das war’s. Wer das genauso sieht, kann hier aufhören zu lesen, wer 50.000 Euro für den unbeabsichtigten Wurf einer Kassenrolle für eine bodenlose Frechheit hält, lese weiter.

Gefühlte Ungerechtigkeit und Willkür

Es ist natürlich eine ziemlich einfache Sicht der Dinge, sich einzig auf Vertragsbestandteile zu berufen und Gerechtigkeit scheint dann doch etwas vielschichtiger zu sein, als dass sie sich derartig einfach vertraglich festlegen lasse; bzw. kann sich ein Urteil aller Rechtmäßigkeit zum Trotze ungerecht anfühlen. Im Zusammenhang mit den Strafen des DFB und dem Gefühl der Ungerechtigkeit wird an diversen Stellen gerne von Willkür gesprochen. Genau genommen sind Strafen per se willkürlich. Zwar kann diese Willkür durch die Relationen verschiedener Taten/Strafen-Komplexe zu- bzw. untereinander(!) abgefedert bis aufgelöst werden, gar den Anschein erwecken, es sei gerecht auf Tat 1 folge Strafe A, auf Tat 2 folge Strafe B und bei wiederholtem Auftreten von Tat 3 folge Strafe 3 gleich x-fach. Nur ist die Festsetzung einer Strafe X für Tat Y schon willkürlich, denn ganz gleich was die Tat war, sie wird weder ungeschehen gemacht noch ausgeglichen.

Dabei scheint das Bedürfnis des Menschen nach Gerechtigkeit und das Empfinden von Ungerechtigkeit sowohl Ursache für als auch Ergebnis von Strafhandlungen sein. Fühlt sich eine Autorität (wie der DFB) durch ein wie-auch-immer geartetes Ereignis in seiner Omnipotenz angegriffen, dürstet es ihn nach Ausgleich dieses Unrechts, welches er empfindet. Er straft um sich vom Gefühl der Ungerechtigkeit zu befreien. Das Objekt seiner Strafwut mag sich in der Folge ungerecht behandelt fühlen, doch die Autorität (wie der DFB) hat seine Ausgleichsleistung bekommen. Natürlich hat ein Kassenrollenwurf trotz allem stattgefunden und warum nun 50.000 Euro diese Tat entschädigen sollten, ist nicht rational begründbar. (Der DFB ist keine natürliche Person mit dessen Befindlichkeiten, der Vergleich hinkt also und dient lediglich der Veranschaulichung und es klärt sich auch im Folgenden…)

Wen trifft der Rechtsbruch?

Auf den ersten Blick erinnert das Beharren des DFB auf seine (vermeintlichen) hoheitlichen Ansprüche an das Verhalten eines mittelalterlichen Regenten, der Rechtsbrüche als Angriff auf seine Person wertet, da die Gesetze Ausdruck seiner (physischen) Macht sind; mit dem kleinen Unterschied, dass die Martern dieser Epoche das Ziel hatten, das begangene Verbrechen auf den Körper des Rechtsbrechers zu reproduzieren.

Wenngleich das etwas aus dem historischen Kontext gerissen ist, mutete es doch etwas ulkig an, warfen Herr Zwanziger oder Herr Niersbach wahlweise einen zwanzigjährigen Abiturienten oder das Präsidium unseres magischen FC zwecks Vergeltung mit einer Kassenrolle ab. (Fände ich persönlich ja weniger schlimm als 50.000 Euro zu zahlen und trotzdem heißt es die Strafpraktiken haben im Wandel der Zeit eine Humanisierung erfahren.)

Ich drifte ab und es ist auch nur der erste Blick, der einem diesen Vergleich aufdrängt. Es ist weniger der Rachdurst des DFB, der ihn zum Verhängen horrender Strafen antreibt, vielmehr ist es der normative Charakter des Strafrecht. Seit sich die Herrschaftsmacht von royalen Eliten auf das gesamte Volk als Souverän des Staates umverteilt hat, geht auch die Justiz nicht mehr von Verbrechen an den Regenten, wie etwa einem Parlament aus, sondern – gänzlich in Analogie zur früheren Zeit – von Verbrechen an den Inhabern der Macht: Allen. Auch der DFB straft demnach nicht aus persönlichen Animositäten (wie auch?) sondern als Institution der repräsentativen Vertretung seines „Volkes“, den Vereinen. Die Vereine ihrerseits sind letzten Endes nicht mehr oder weniger als die Summe ihrer Mitglieder und die rekrutieren sich in heutigen Zeiten (vor allem im Profibereich) weniger aus Sport treibenden sondern vor allem aus passiven, aus fördernden Mitgliedern: aus Fans!

Sinn und Zweck der Strafe

Weil moderne Erziehung so selten von großer Hoffnung beseelt ist, wird so selten ein großes Resultat erreicht. (Russel, Bertrand)

Jetzt, da wir in die Mikrostruktur der Opfer des Rechtsbruches vorgedrungen sind, können wir uns dem Sinn des Ganzen widmen. Wirft also ein Fan eine Kassenrolle, die sich nicht abrollt, dann sind letztendlich alle anderen Fans im Stadion Opfer seines Fehlverhaltens. Daraus folgt, dass wir alle unheimlich wütend und angepisst sein müssen, hat er doch gegen das Recht verstoßen, welchem wir uns einvernehmlich durch unsere (indirekte) Mitgliedschaft im DFB unterworfen haben. Wenn uns nun schon nicht die Aktion als solche ärgert – unerhörter Weise wurde der junge Delinquent ja von theoretischen Opfern seines Deliktes gedeckt – dann soll zumindest die Strafe uns treffen. Mit uns meine ich jetzt alle Fußballfans aller Vereine, sei die Verbindung zum jeweiligen Verein durch Mitgliedschaft oder ideelles Zugehörigkeitsgefühl begründet. Die Strafe trifft zwar nur den Delinquenten selber, der für den DFB in der abstrakten Figur des Vereins vertreten wird, doch sie entfaltet ihre disziplinierende Wirkung über alle Mitglieder der Gesellschaft. Die Strafe erzielt in dem Moment ihre normative Wirkung, in dem Fans/Vereine/Spieler – kurzum Mitglieder der Mikrogesellschaft des DFB – einerseits von Fehlverhalten absehen, andererseits der Notwendigkeit von Strafen zustimmen.  Es geht also nicht darum eine Zündellei, einen Kassenrollenwurf, einen Blocksturm, ein diffamierendes Spruchband zu sühnen, sondern es geht um Erziehung. Die Vereine sollen diszipliniert werden die Sicherheit zu gewährleisten, die Fans sollen diszipliniert werden sich „gesittet“, also entsprechend der Norm, zu verhalten.

Aber er hat sich doch entschuldigt?!

Nun mag dem entgegnet werden, man fände es ja grundsätzlich nicht falsch, Strafen zur Disziplinierung einzusetzen, aber im Fall des Kassenrollenwurfes handelte es sich doch um ein Versehen und der Täter habe Reue gezeigt, was ja auch der Vorsitz des DFB-Bundesgerichtes feststellt.

„Ein Teilausschluss der Zuschauer wurde deswegen nicht verhängt, weil die Tat ohne Gewalttätigkeit, ohne Aggression und ohne Schädigungsvorsatz in Richtung des Gegners oder der Schiedsrichter ausgeführt wurde.“

Es kann oder muss hier also, so absurd das erscheint, von Nachsicht gesprochen werden. Aus Sicht des DFB muss die Strafe eben eine hohe sein, nicht, weil, wie der Vorsitzende Eilers es sagt, Pirmin Schwegler am Kopf getroffen wurde, sondern weil es vorherige Würfe gab und die disziplinierende Wirkung der dort verhängten Strafen, sich offenbar nur bedingt ausfaltete. Der mangelnden Absicht, wird durch die ausbleibende Aussperrung Rechnung getragen, doch im Sinne der Disziplinierung muss die Strafe hoch sein, wenngleich auch mir das nicht zu gefallen vermag. Da hilft es leider auch nicht auf andere Urteile bei gezielten Würfen zu verweisen, der DFB verstrickt sich da in seine eigenen komischen Grundsätzen und letzten Endes müssen eben Wiederholungstaten entsprechend härter bestraft werden.

Konsequentes Handeln

Fordert man nun, der Verein müsse konsequent handeln und dürfe auch dieses Urteil nicht hinnehmen und vor ein ordentliches Gericht ziehen um dort den Verband zu verklagen, wird zwar die Ebene der Mikrogesellschaft DFB verlassen, nur folgt die Justiz der BRD der selben Struktur, wie die des DFB, womit diese Forderung als solche gewissermaßen inkonsequent ist. Natürlich ist nicht auszuschließen, dass es hier einen punktuellen Erfolg zu verzeichnen gäbe, wirkliche Konsequenz sieht aber anders aus. Gerichtsurteile sind solange gerecht, solange sie die gesellschaftliche Legitimation erfahren. Erst, wenn nicht die Art und Schwere eines Urteils, sondern die Existenz von Urteilen als solche angeprangert werden; erst, wenn es keine Gerichtsurteile mehr gibt, kann kein Ungerechtigkeitsgefühl als Folge von Urteilen entstehen.

Der Kampf gilt nur vordergründig den Urteilen in ihrer Ausgestaltung – natürlich fühlt sich weniger immer besser an. Doch Kern des Problems ist, dass der DFB Gerichte hat und Recht spricht. Dieses Problem besteht, da wir die iustitia commutativa kennen. Diese Last werden wir wohl letzten Endes erst los, wenn wir die Revolution schaffen und Staaten endlich abgeschafft sind. Freie Fußballfans gibt es erst, wenn es freie Gesellschaften gibt. Und deswegen ist Fußball immer auch Politik. Ich weiß: Das ist jetzt zu einem kleinen Rundumschlag verkommen, nur ist das Echauffieren über bestimmte Ausdrücke eines Systems, dessen Teil man selbst ist, gewissermaßen geheuchelt. Da beisst sich die Katze in den Schwanz.

Also immer schön dran denken: Macht kommt von unten![2]

Die Zukunft des Menschen steht auf dem Spiel; sie ist gesichert, sobald nur genügend Menschen sich dieser Einsicht nicht verschließen. (Russel, Bertrand)

Siehe auch: Freiheit und Hass – Ein Etappensieg für die Fankultur


[1] Kersting, Wolfgang: Probleme der politischen Philosophie des Sozialstaats, S. 17.

[2] Dieser Text ist maßgeblich geprägt von Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Zitation dezidierter Textpassagen war mir weder möglich, noch schien sie mir sinnvoll.

Freiheit und Hass

Ein Etappensieg für die Fankultur

Wenngleich unsere Mannschaft zuletzt nicht zu siegen im Stande war, hat der Verein FC St. Pauli von 1910 e.V. doch einen unendlich wichtigen Sieg erringen können. Einen Sieg, der über saisonale Zeitrechnungen hinaus höchst bedeutsam ist. Einen Sieg für uns, für die Fans. Sportal vermeldet soeben den Ausgang des neu aufgerollten Prozess vor dem DFB Sportgericht wegen des Kassenrollenwurfes vom Heimspiel gegen die Eintracht aus Frankfurt: Eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 Euro.

Zwar ist das immer noch eine horrende Summe für eine Lappalie und bei den in der Quelle genannten 63.000 Euro Einnahmeverlust durch das vorherige, angefochtene Urteil nur eine geringe finanzielle Verbesserung der Straflast, womit das Urteil nachwievor eine Frechheit ist. Eine Frechheit war aber nun ja vom DFB zu erwarten, nur ist die geringe Verbesserung eben lediglich die finanzielle Perspektive. Das große Problem des möglichen Zuschauerausschluss war ja, dass willkürlich Fans ausgesperrt worden wären. Die Argumente wie z.B. Sippenhaft etc. sind zu genüge ausgetauscht und brauchen hier nicht wieder aufgewärmt werden. Wichtig ist jetzt, dass es für dieses Vorkommnis keine Sippenhaft für Fans unseres Vereins gibt.

An dieser Stelle ist es darüber hinaus zwingend notwendig das Präsidium unseres Vereines und alle anderen in diesen Fall involvierten Verantwortlichen ausdrücklich zu loben und ihnen zu danken. Lob und Dank gebührt ihnen für ihren Einsatz für die Fans. Es ist mehr als schön zu sehen, dass sich dieser Einsatz lohnt. Ganz offensichtlich wurde einerseits aus Fehlern der Vergangenheit gelernt und hat andererseits der stete Dialog zwischen Fans und „Offiziellen“ Früchte getragen.

Das Ergebnis des Rückgrates, welches unsere Vereinsvertreter hier bewiesen haben ist als wichtiger Meilenstein zu betrachten und ist doch (leider) nur ein Etappensieg. Wenngleich der DFB offenbar zumindest von Gästesperren abstand nimmt – wofür den Fans von Dynamo Dresden und Eintracht Frankfurt, die an den letzten zwei Wochenenden eindrucksvoll bewiesen, wie wenig Sinn derartige Aussperrungen machen, ausdrücklich Respekt und Anerkennung, eventuell auch Dank und Lob gebührt – gibt es nachwievor Demagogen und Sicherheitsfanatiker, die so etwas für praktikable Handlungsansätze halten.

Auch dem FC St. Pauli steht wieder so eine potentielle Gästesperre ins Haus, nicht als Strafe verhängt vom DFB, sondern, wie ein Autor in Basch #12 treffend schreibt, als Präventionsmaßnahme einer hilflosen, gar überforderten Polizei. Auch hiergegen haben unsere, beinahe zu kleinen ‚Enfants terribles‘ gemauserten Vereinsoberen Einspruch eingelegt und füllen damit letzlich die hohle Werbephrase des anderen, unangepassten Bundesligaclubs endlich mit etwas Leben und Inhalt. Doch genau daher spreche ich von einem Etappensieg, denn erst wenn DFB, Polizei, Medien und auch die „normalen“ Fans eingesehen haben, wie widersinnig Fanaussperrungen jeder Art sind, können wir davon sprechen einen echten Sieg für die Fankultur im Profifußball errungen zu haben.

Insofern gilt es sich jetzt auf ein ausverkauftes Millerntor gegen Union Berlin zu freuen und im Anschluss für ein ausverkauftes Millerntor gegen Hansa Rostock zu kämpfen, in dem nicht nur braun sondern auch blau mit weiß und rot in farbliche Komposition treten können wird.

Und so verbleibt mir nur mit dem Lieblingszitat eines guten Freundes abzuschließen:

Das Einzige, das größer ist, als unsere Liebe zur Freiheit, ist unser Hass auf diejenigen, die uns diese Freiheit nehmen wollen.

Link zur Meldung auf der Vereinshomepage

Kein Friede mit Deutschland!

Der Polizist war verblüffend ehrlich: Bei der Kontrolle eines Bahnreisenden sei ein Kriterium auch die Hautfarbe einer Person, gab er zu. Habe er die Vermutung, jemand halte sich illegal auf, spreche er Leute an, die ihm als Ausländer erschienen.
[…]
Aus Gründen der Kapazität und Effizienz müssten sich die Beamten auf Stichprobenkontrollen beschränken. Deswegen dürften sie die Auswahl der Reisenden „auch nach dem äußeren Erscheinungsbild“ vornehmen. Dem Urteil zufolge greifen Beamte bei stichprobenartigen Kontrollen gegen illegale Einreisen auf ihre „einschlägige grenzpolizeiliche Erfahrung“ zurück. Hierdurch werde willkürliches Vorgehen ausgeschlossen.

Das Verwaltungsgericht Koblenz zementiert mit diesem Urteil die außerordentlich guten Bedingungen für institutionellen Rassismus bei der Polizei. Was ohnehin gängige Praxis ist, bekommt jetzt juristische Absolution. Aus pragmatischen Gründen mag Racial Profiling zur Durchsetzung einer menschenverachtender Abschiebepraxis sinnvoll erscheinen, nur ist eben die Grundlage dieses Pragmatismus blanker Rassismus. Diese Praxis geht Hand in Hand mit gesamtgesellschaftlichem Rassismus und bereitet letzten Endes den Nährboden für rassistisch motivierte Gewalttaten. Kein Friede mit Deutschland!

Edit: Publikative.org greift das Urteil auch auf und schreibt:

Es geht also gar nicht um Ausländer als solche oder um illegale Ausländer, sondern Ausländer, die aussehen wie die Polizei sich Armutsflüchtlinge vorstellt. Die rassistische Praxis soll die Festung Europa vor Armutsmigration aus Afrika und Asien schützen. Und wenn dieser Schutz bedeutet, dass Einheimische mit entsprechendem Aussehen diskriminiert werden, dann nehmen das Polizei, Politik und Justiz zumindest billigend in Kauf. Alltagsrassismus wird geduldet und gesetzlich erlaubt.

Danke für die klaren Worte.

Wir wollen Blumen brennen sehen…

Wir wollen Blumen brennen sehen,
Sandalen rennen sehen,
Grinsende halbe Hemden flennen sehen,
Eure Karrieren enden sehen.
Eure Style-Rechnung ist nicht aufgegangen,
Wir kommen pfänden gehen!

(Absolute Beginner – Nie Nett) 

Geiel! Frühling! So ein sonniges Frühlingswochenende ist ja etwas durchaus Schönes. Die Menschen verlassen ihre Wohnhöhlen und strömen in die Parks und Cafés und wenngleich der Rasen im Park Fiction weit hinter der Qualität des neuen Millerntorgrüns bleibt, fühlen sich die Menschen dort sichtlich wohl. Ein blondes Hipster-Hippie-Mädchen, gehüllt in so alternative Gewänder, dass der Anblick schon weh tut verteilt Flyer zu ihrer Party an wildfremde Menschen und wir fragen uns ob sie denn keine „richtigen“ Freunde hätte. Ihr ersparen wir das peinliche Moment der Beantwortung dieser Frage als wir den Flyer ablehnen. Nicht, dass wir Öddel vom Dienst in irgendeiner Weise Coolnes oder Individualität für uns gepachtet hätten, aber die Freakshow in den Straßen kann einem schon mal gepflegten Menschenhass in die Seele brennen.

Viel schöner war da schon der Abschluss des Freitag Abend in der Roten Flora. Dank gilt der Our Turn Concerts Crew für die Orga, Lexi für die Fotos und natürlich Just Went Black für die Show und die 10 Jahre!

Kommen wir zum wirklich unschönen Teil des Wochenendes: Fußball. Ich gebe dem Übersteiger recht, die ersten 10 Minuten waren schön anzusehen. Was folgte war rücksichtsvoll gesprochen: Bockmist! Der FC Energie war spielerisch harmlos und das Spiel hätte mit 3 Punkten für Sankt Pauli enden müssen. Stattdessen sinnloses Hakenschlagen am 16er, eine Mannschaft die sich wie das Kaninchen vor der Schlange aufführt. Das ist mehr als Schade, glich die Elf aus Cottbus maximal einem Regenwurm.

Würmer sind dann auch eine gute Überleitung zu den Gästefans, die sich in (leider) gewohnter Manier zu inszenieren wussten. Erinnern wir uns an unseren Pokalauftritt bei den Freunden der Lausitzer in Chemnitz, bietet es sich an die aktuelle Basch zu zitieren:

Von uns lernen, heißt siegen lernen, möchte man meinen, wäre es nur nicht so traurig.

Damals umging man das Verbot „linksradikaler“ Äußerungen geschickt indem man braune, weiße und rote Fahnen mitnahm, aber nur die Roten schwenkte. Dazu wurde das Banner „Bandiera Rossa Trionferà“ entrollt, das die Blitzbirnen des dortigen Ordnungsdienstes nicht zu verstehen im Stande waren. Nun bedienen sich die Cottbusser Gewürzgurken im Prinzip des selben Tricks, aber eben nicht um für eine klassen- und herrschaftslose Gesellschaft einzustehen, sondern um ihre revisionistische Gedankenkotze ins Millerntor zu tragen und es fällt kaum jemandem auf. Die Hoschis vom Magischen FC haben dazu ein bisschen Recherchearbeit geleistet und @Momorules liefert den passenden Querverweis dazu, dass es eben nicht reicht, einfach nur gegen Nazis zu sein. Heißt, es ist zwar unglücklich, dass die Aktion im Stadion nicht lautstark quittiert wurde, damit wäre es aber auch nicht getan. Danke an Stefan vom Fanladen für’s Einsammeln der Shirts.

Sonst noch was?!

Es gibt ja immer diese Pläne die so lange in der Schublade verweilen, bis es jemand anders ungefragt und ohne das eigene Zutun übernimmt. Eine Streetart Sektion ist für dieses Blog einer dieser Pläne und ein neues Blog hat sich dem offenbar angenommen, wofür ich natürlich dankbar bin. Fettes Ding. Immer mal reinschauen!

Soliparty vom Fanclub Ramba Zamba zugunsten der Antirepressionskasse:

Frühlingserschlaffen

Wismut Aue 2 : 1 FC Sankt Pauli

Lang her, dass ich das letzte Mal einen Spielbericht für dieses Blog verfasst habe, aber warum nicht mal in alte Muster verfallen? Südkurve on Tour hat es im Vorfeld des Spiels im Ergebirge geheißen und es machten sich tatsächlich 4 Busse von USP, 2 Busse des Fanladen, 1 Bus der Skins plus Busse aus Berlin, NRW und Prag auf den Weg in den fernen Osten und so fand sich im Gästeblock eines der letzten alten Stadien im Profifußball eine sanges- und trinkfreudige Menge ein, die sich aber mit 2,5% Kinderbier begnügen musste. Die große Masse unter den Leuten wird es nicht einmal gemerkt haben.

Früher hat man nur zu gern über Stadien, wie dem in Aue gemeckert: Kein Dach über der Kurve, Laufbahn, am Arsch der Heide. In Zeiten modernen Arena-Einheitsbreis freut es beinahe, ein Stadion mit Charakter, mit Charme, irgendwie eine Art Schmuckkästchen zu besuchen. Trotzdem beschissene Sicht und ohne Dach is halb so laut.

Die Sonne vermochte eine Ahnung eines wunderschönen Frühlings vermitteln – T-Shirt-Wetter! Sichtlich euphorisiert legten sich Fans und Spieler in der ersten Halbzeit ins Zeug. USP wartete zum Einlauf der Mannschaften mit Fahnen, Luftballons und den bösen Kassenrollen auf. Die Fans der Wismut mit Konfetti und Kassenrollen. Dazu ein Banner im Grafitti-Maker-Style. Nicht schön, aber irgendwie selten.

Auf dem Platz war das Spiel weitestgehend in der Hand von braun-weiß. Tatsächlich bekam unsere Mannschaft in der ersten Halbzeit die eine oder andere Kombination hin, nur was dort mit Glück, Stolpern und Wind noch gelang – ein Tor – bekamen sie in der zweiten Hälfte nicht mehr hin. Stattdessen gab es verdientermaßen im Gegenzug zu den gefühlten 50 rausgestolperten Torchancen, die alle in der Bergluft verpufften, zwei Gegentreffer. Darf sich auch niemand beschweren, das war leider verdient.

Auf dem Rückweg bekamen die Spieler dann noch einen Eindruck der Lebenswelten von Fußballfans – am Leipziger Flughafen versuchten einige LOK-Hools einen Übergriff auf unsere Spieler (Link selber suchen: Bild Leipzig). Manch einer wird nun sichtlich bestürzt nach dem Zeitpunkt für die ersten Toten fragen, das geht mir jedoch zu weit. Wenngleich ich diese ganze „Wir hau’n uns wegen Fußball auf die Ömme“-Nummer stets etwas grenzdebil finde, blieb die Situation ja offenbar recht harmlos und so kann man sich schon beinah über ein Stück gewonnene Empathiefähigkeit seitens der Spieler freuen, ohne jedoch die Aktion in irgend einer Weise gutzuheißen, aber man möchte ja auch nicht übertreiben.

PS: Ich weiß, innovative Idee und ist auch noch keiner vor mir drauf gekommen: Torschusstraining?!

Geschmacklos

In Chemnitz wächst der Widerstand gegen einen Laden mit dem Namen „Brevik“.
[…]
Der Name Brevik, der an den 77-fachen norwegischen Mörder Anders Breivik erinnere, sei „geschmacklos, schockierend und völlig unakzeptabel“, sagte die sächsische SPD-Landtagsabgeordnete und Initiatorin Hanka Kliese zur Begründung.

Nein das darf man in Deutschland nun wirklich nicht mehr sagen bzw. machen. Seinen Naziladen mit Naziklamotten für Nazis auch noch so ähnlich nennen wie den Naziattentäter aus Norwegen. Nur ein ganz kleines bisschen Anders. (sorry, der musste sein…)

Hier hat sich wirklich ein Problem aufgetan. Dass hier Nazis Kleidung im Stile der „Mode für die Mitte“ machen und nur versteckt zeigen, welche Ideologie hinter dem schnuckeligen Runen-Wikinger-Schick steht, scheint ja kein Problem zu sein. „Geschmacklos, schockierend und unakzeptabel“ sind lediglich Nazis, die zeigen, dass sie Nazis sind. Wie sähe das schließlich aus? Was sollte denn das Ausland von uns denken?

Zum Glück war die SPD in Geschmacksfragen noch nie wirklich kompetent. Meine Geschmacksempfehlung: Nazikleidung ist nicht schick, ruck-zuck ist die Fresse dick!

Anmerkung: Frau Kliese und einige andere finden offenbar nicht nur den Namen problematisch. Das weiß zu erfreuen…