Angst nach den Krawallen

Nach den schweren Krawallen im Schanzenviertel habe ich große Angst vor meinen Mitmenschen. Es ist nicht so, dass das ein neues Gefühl wäre, die Verrohung der Menschen ist mir häufig aufgefallen, aber man verdrängt das im Alltag. Aber jetzt sind sie wieder da und sie sind laut. Sie fordern Ordnung, Gehorsam und die Todesstrafe.

Demokratie in all ihrer Fehlerhaftigkeit ist nach wie vor die beste Regierungsform, die wir haben und das sage ich bei aller Liebe, die ich für linksradikale Politik habe. Sie ist aber kein Gottesgeschenk sondern wurde hart erkämpft und auch ihren Erweiterungen bzw. Verbesserungen (Frauenwahlrecht und so) sind Kämpfe vorausgegangen, Kämpfe die auch auf der Straße ausgetragen wurden. Kämpfe die teilweise weit gewalttätiger waren, als sich das die meisten von uns in ihrer Wohlstandswohlfühlblase vorstellen können. Die Prinzipien des liberalen Rechtsstaats sind weit von Utopia entfernt, aber sie sollen vor den gravierendsten Freiheitseingriffen schützen die andere Regime in der Vergangenheit mit sich brachten und auch in der Gegenwart noch mit sich bringen. Diese Prinzipien sind aber weit weniger sicher, als das manchmal den Anschein haben mag. Ihr Fortbestehen ist an das geknüpft, was Adorno “Erziehung zur Mündigkeit” nannte. Genau diese Erziehung genießen auch in demokratischen Staaten nicht alle Menschen.
Wenn Martin Schulz etwa schreibt, die Polizisten hätten Leib und Leben riskiert, um den Rechtsstaat zu schützen, gleichzeitig aber verschiedenste schwerwiegende Rechtsbrüche der Polizei dokumentiert sind, wenn mit Pressefreiheit und Versammlungsfreiheit grundlegende Legitimationsprinzipien des Staates, seiner Institutionen, und damit natürlich auch des staatlichen Gewaltmonopols, nach Gusto außer Kraft gesetzt werden; wenn brennende Barrikaden, Plünderungen und Verwüstungen in einigen Stadtteilen (in denen auch viele Aktivist*innen oft nur wenig Sinn für ihre Sache erkennen können) vielen Menschen als das Werk einer neuen SA, als dem Holocaust und sowieso einen Kriegszustand gleich gelten, während das einzige, das an Krieg erinnert der Einsatz militarisierter Sondereinheiten der Polizei als Reaktion auf eben jene kleinen lokal begrenzten Riots ist; wenn Pressevertretern ihre Arbeit gewaltsam durch Einsatzkräfte verunmöglicht wird, Presseausweise in den Augen der Staatsmacht wortwörtlich “hier nichts wert” seien, zeigt sich wie schwerwiegend der Mangel an Mündigkeit ist.

All das ist zwar nicht der Beweis dafür, dass Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eigentlich gar nicht existierten, es ist aber ein Aufflackern der Möglichkeit eines viel Schlechteren. Es gibt Leute, die für Sachbeschädigung, Landfriedensbruch und Diebstahl die Todesstrafe fordern. Menschen ertrinken, sterben in LKW, erleben täglich tatsächliche Bürgerkriegszustände und fliehen davor. Andere Menschen gehen genau gegen diese mit aller Gewalt vor, zünden deren Unterkünfte an, von richtigem Zuhause kann wohl in keinem der Fälle die Rede sein, aber das sollen berechtigte Sorgen sein. Nazis morden unter den Augen des Verfassungsschutzes, aber das finden die Menschen höchstens bedauerlich. Ohne die Kritik hier zu arg verkürzen zu wollen, aber selbst bandenmäßig organisierter Diebstahl von Steuergeldern in zweistelliger Milliarden(!!)höhe, wie ihn Journalist*innen von Panorama und Süddeutsche jüngst aufdeckten, bleibt eine Randnotiz. All das macht diese Menschen nicht wütend. Sie werden wütend, wenn ein Twingo brennt und sie zum Rewe 500 Meter weiter müssen. Dann fordern sie die Todesstrafe, sie, die meinen Grundrechte seien etwas, das man verwirken könnte. Aber Hauptsache sie räumen auf und fegen die Straßen gründlicher, als die Stadtreinigung das je getan hat. Hinter der Fassade ihrer guten Bürgerlichkeit, wird ihr autoritärer Charakter offenbar.

Über 20.000 Polizist*innen haben die Stadt in Beschlag genommen. mit ihrem Vorgehen gegen Camps, mit dem Hinwegsetzen über geltende Gerichtsbeschlüsse, mit Angriffen auf biertrinkende und zeltende Menschen, mit einem unverhältnismäßigem und brutalen Angriff auf eine Demonstration haben sie ihren Teil dazu beigetragen, eine Situation zu schaffen, in der Spezialeinheiten zur Bekämpfung von Krawallen eingesetzt wurden. Das war politisch gewollt und das wurde immer klarer, angefangen mit dem Einsetzen Herrn Duddes als Gesamteinsatzleiter. Wenn Schanzenkrawalle als Übungsfeld für Aufstandsbekämpfung dienen, dann ist das ein Offenbarungseid der Politik. Die Riots in Pariser Banlieus und Londoner Vororten etwa, waren Ausdruck politischer Probleme, die nach wie vor nicht gelöst sind und die es auch hierzulande gibt. Allen voran ist es die immer größer werdende soziale Ungleichheit in der Gesellschaft. Die Möglichkeit wirklich großer Ausschreitungen in deutschen Großstädten wächst, was auch der Politik bewusst ist. Es drängt sich der Eindruck auf, die Politik, selbst jene Parteien, die das Wort „Sozial“ in ihrem Namen tragen und jene, die sich aus der 68er Bewegung gegründet haben, gewöht das öffentliche Auge an schwer bewaffnete Spezialkräfte auf den Straßen, weil sie entweder nicht willens ist oder sich nicht in der Lage sieht die derartigen Riots zu Grunde liegenden Probleme (beispielsweise sich vergrößernde sozialer Ungleichheit) politisch zu lösen.

All das berücksichtigend und bei aller Hoffnung auf eine bessere Welt, bei aller Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen, die Sorge, dass diese von oben wie unten zu unser aller Ungunsten verschlechtert werden, scheint berechtigt. Die Möglichkeit, die dürftigen Freiheiten der liberalen Demokratie gegen diese Menschen verteidigen zu können, erscheint schon fast utopisch. Deshalb machen mir meine Mitmenschen Angst und deswegen bin ich konsterniert. Vor allem aber, weil ich fürchte, das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht.

PS: Ich bin nicht mal krasser Gipfelgegner und fand den Großteil der Kritik an G20 inhaltlich eher dürftig.

Es reicht

Ewald Lienen, es reicht, wenn wir auf Platz fünfzehn stehen…

Fettes Brot

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Besorgte Bomber

Dieses Blog hier ist tot und wird auch demnächst eingestampft, aber ich muss nochmal kurz ne Runde ranten.

Man kann die erste Zeile der Tapetenbahnen, die sich beim letzten Heimspiel des FC St. Pauli gegen Dynamo Dresden am 12.2.17 mit der deutschen Erinnerungskultur auseinandersetzten geschmacklos finden, selbiges kann man von ungezuckerten Cornflakes sagen, über die Qualität der Tapete sagt das natürlich nichts. Auch nicht über die der Cornflakes. Ich will jetzt nicht so weit gehen, wie der Revolutionäre Aufbau Waterkant und behaupten der neue Faschismus würde zur Begrüßung „Ich finde des schwierig“ sagen, aber trotz allem Nonsens in deren Verlautbarungen, der Satz kann was: „Wo die Formulierung von Bauchschmerzen als wertvoller Beitrag zur Diskussion willkommen geheißen wird, ist das Kritikvermögen zur ewigen Wiederkunft der subjektiven Stellung degeneriert.

Der Geschmacksgehalt dieser Tapete wird von intellektuellen Feinschmeckern landauf landab diskutiert. Foto: USP
Der Geschmacksgehalt dieser Tapete wird von intellektuellen Feinschmeckern landauf landab diskutiert. Foto: USP

Wenn man dann liest, dass Leute ernsthaft Tränen verdrücken für nie kennengelernte Vorfahren, sich deshalb von der Tapete getroffen fühlten, dann werden Konjunktive beweint, dann ist Erinnerungskultur in Deutschland vor allem eine Immaginationskultur. Das „Was-wäre-wenn“ wird zur realeren Realität, als die Realität. Alternative Fakten, das haben in Wahrheit die Deutschen erfunden. Das ist der Kern der Deutschen Täter-Opfer Umkehr, wie sie in Dresden besser zu beobachten ist, als sonstwo. Da darf nicht sein, was nicht sein soll. Da wird noch die letzte BDM Oma zur Widerstandskämpferin, und wenn dann jemand vielleicht doch mal Nazi war, dann aus Gruppenzwang und eine*r von den ganz lieben, als wäre es nicht genau das, was Hannah Arendt über den Eichmann Prozess herausgearbeitet hätte.

Gleichwohl, wenn in der Gegenwart in Deutschland Leute verbrennen oder wenigestens der Versuch dazu unternommen wird, wenn Nacht für Nacht losgezogen wird und Asylbewerber*innenunterkunft um Unterkunft angesteckt wird, mindestens fahrlässig die Leben der Bewohner*innen in Kauf nehmend, dann sollen  die Gutmenschen mit ihrer politisch korrekten Sprache, ihren politisch korrekten Ansichten auch mal die Sorgen verstehen. Die Sorgen der Brandstifter und Schläger, die der Täter. Und wieder werden aus Tätern Opfer gemacht, ganz die deutsche Tradition. Und so zog man nun los und überklebte Stolpersteine mit den Namen deutscher Täter, im Kleid der Opfer, die wahren Opfer unsichtbar machend. Perfide.

Und daher ist es an der Zeit den Spieß wieder in die richtige Richtung zu drehen. Natürlich ist jeder zivile Geschädigte sehr tragisch, in jedem Krieg, aber ihr müsst auch die Alliierten verstehen, immerhin hatte die blutrünstige Kriegsmaschinerie der Nazis schon vielen Millionen das Leben gekostet, von den Vernichtungslagern ganz zu schweigen. Die waren auch besorgt um das Wohl der Welt.

Gut zu lesen auch Metalust:

„Und auch wenn ich die Oberzeile des Transparentes immer noch als sehr mißlungen empfinde: Ich danke den Plakatmalern, dass sie mich wieder darauf hinwiesen, wo ich mittlerweile selbst den Weg des geringeren Widerstands oft wähle.

Sie haben schlicht aufgezeigt, wie nachhaltig der Opfermythos längst den Diskurs ganz und gar nachhaltig vergiftet hat.“

Lafokratie

„Demokratie heißt eine Gesellschaft, in der sich die Interessen der Mehrheit durchsetzen. Wenn du glaubst, die Interessen der Mehrheit setzen sich in Deutschland durch, dann kannst du auch daran glauben wir haben eine Demokratie. Wenn ich an Leiharbeit, an Mindestlohn, an Niedriglohnsektor denke, an viel zu niedrige Renten, an Zerstörung der Rentenformel, die Arbeitslosenversicherung, die Gesundheitsversicherung, dann kann ich nicht sagen: Die Interessen der Mehrheit setzen sich durch. Wir sind ein parlamentarisches System, in dem sich zuerst die Interessen der oberen 10 Prozent durchsetzen. Das sieht man bei der Erbschaftssteuer, bei der gesamten Steuer. Es ist also ein Märchen zu sagen, in Deutschland setzen sich die Interessen der Mehrheit durch.“

Oskar Lafontaine im Interview mit Thilo Jung

Und so palavert Oskar, Deutschland sei eine Oligarchie und keine Demokratie unter Berufung auf den Griechen Perikles und scheint damit seine politischen Überzeugungen unter anderem auf eine 2500 Jahre alte Definition von Demokratie zu stützen, die freilich mit dem, was wir heute unter einem demokratischen Verfassungsstaat verstehen, herzlich wenig zu tun hat.

Zwar kann diese Definition aus dem Wort Demokratie selbst abgeleitet werden, Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Partizipationsrechte, und Minderheitenschutz kennt sie aber nicht zwangsläufig. Den Interessen der Mehrheit jedenfalls, wird von Recep Tayyip Erdogans Anhängern (ob staatlich oder zivil) derzeit auf Türkischen Straßen nachgekommen – mit tödlichen Folgen und im Namen der Demokratie.

Wenn es also links sein soll, Oskar, für eine Demokratie einzustehen, in der es einzig und allein darum geht, die Interessen der Mehrheit durchzusetzen, dann möchte ich nicht links sein. Eine derartige, aus dem Schutz demokratischer Rechte heraus geplauderte, dumme Verkürzung des Demokratiebegriffs ist nämlich ein Schlag in die Fresse all jener, die nicht nur in der Türkei, ohne Aussicht auf Rechtssicherheit und im Namen des Mehrheitsinteresses verhaftet und eingekerkert werden, wenn nicht schlimmeres. Ein solcher Begriff trägt darüber hinaus in keiner Weise dazu bei, tatsächliche Probleme innerhalb des demokratischen Systems anzusprechen.

Artikelbild: Foto von DieLINKE auf Flickr; lizensiert unter CC-BY-NC-SA 2.0

Die neue Rechte hat Polizei. Schon lange.

Eine kurze Anmerkung zu Quellen und Internet

Als in den letzten Tagen das Foto des rechten Schmuddelhefts „Compact“ hinter der Windschutzscheibe eines thüringischen Polizeifahrzeugs auftauchte, für ein bisschen Netzfurore sorgte und letztlich zur Versetzung der verantwortlichen Beamten führte, flickerte in meinem Kopf die Erinnerung an ein ähnliches Foto auf: ein Polizist liest „Deutschland schafft sich ab“ im Wasserwerfer.

Also fragte ich einen Freund, ob er sich ebenfalls erinnere, tat er aber nicht. Offensichtlich kann er aber besser mit Google um, als ich und so schickte er mir einen Link zu einem Tweet mit dem Foto aus meinem Kopf. Direkt mal twittern:
 

Und da das Ding jetzt rumkursiert und mittlerweile, zumindest in meiner Facebook Timeline, auch mit der gestrigen Demo / Fanmarsch auf Sankt Pauli in Zusammenhang gebracht wird, habe ich meine bescheidenen Google Fertigkeiten in Anschlag gebracht. Denn eines wird ja aus dem (Re-)Tweet ganz klar: das Foto ist mindestens ca. 2 Jahre alt. Es ist aber noch älter. Der mir in keiner Weise geachtete Internetverschwörungsguru „Fefe“ hat das Ding auf seinem Rudimentärblog schon im November 2010 rausgehauen. Ich habe keine früher datierten Veröffentlichungen finden können, es ist daher bei dem Datum nicht unwahrscheinlich, dass es bei den damals stattfindenden Anti-Castor Protesten aufgenommen wurde.
Es gibt auf jeden Fall zwei Dinge die älter sind als das Foto: Das Buch von Thilo ist ein kleines bisschen älter (erschienen im Sommer 2010), das Problem mit Rechten innerhalb der Polizei (in Hamburg, Thüringen und sonstwo) ist noch viel viel älter.

Eine Antwort an Jan Fleischhauer

Moin Jan Fleischhauer,
ich möchte mich bei Ihnen bedanken für Ihre heutige Kolumne bei SPIEGEL Online. Nachdem die Texte, sowohl in der Print- als auch in der Online-Ausgabe der Abiturienten-BILD, in letzter Zeit deutlich zu sehr meine Meinung getroffen haben, haben Sie sich ein Herz gefasst und das Zerrbild wieder gerade gerückt. Es darf einfach keinen SPIEGEL links von Helmut Schmidt geben.

Ich würde Ihnen ja sogar Recht geben, mit Ihrer These, dass die Gutmütigkeit, die Ihre (potentielle) Leserschaft an vielen Orten Geflüchteten entgegenbringt, schnell auch ins Gegenteil sich verkehren kann, wenn es nicht bei einer Zahnbürste extra beim Wocheneinkauf bleibt, sondern tatsächlich Einschnitte gemacht werden müssen. Wut- und Gutbürger waren sich immer schon näher, als manchen klar ist.

Ich hoffe Sie kommen damit klar, dass ich die Menschen Geflüchtete nenne. Ich weiß, Sie bevorzugen das tradierte „Flüchtling“, und Sie finden das auch gar nicht diskriminierend, nur definieren zum Glück nicht Leute wie Sie, wann sich jemand diskriminiert zu fühlen hat. Genauso wenig haben Sie zu entscheiden, ob ein Trauma real ist oder nicht. Ich frage mich (und Sie), Jan Fleischhauer, ist das eine Denkleistung, die Ihnen zu vollbringen so schwer fällt? Auch relativieren Sie den rassistischen Mob, der kurz davor war, ein zweites Lichtenhagen zu verursachen, mit Auseinandersetzungen zwischen Geflüchteten. Es kommen derzeit diverse Menschen zu uns, mit diversen Hintergründen und diversen Problemen und Konflikten – auch untereinander. Aber das stellen Sie dann auf eine Stufe mit den Gewaltexzessen hassverzehrter Nazifratzen?

Obendrein folgt dann Ihre absurde Conclusio, dass wir nämlich deswegen schneller, rigoroser und gründlicher die Spreu vom Weizen zu trennen und alle, die keine „echten“ Flüchtlinge sind, zurückschicken müssen. Schlichtweg dumm! Wir sollen also zum Beispiel Roma aus den Balkanstaaten, weil da ist es ja sicher, sagt irgendwer, abschieben, damit die Gutmütigkeit der Deutschen nicht zu schnell in Hass umschlägt, wie in Heidenau?

Und damit sind die Konflikte unter Geflüchteten gelöst und das Naziproblem lösen dann die 10bar aus dem WaWe10000. Der war aber nicht da in Heidenau, als eine unterbesetzte Polizei zwei Tage lang mit Mühe und Not die Wut des Mobs erlebte, ihn weitgehend gewähren lies. Erst die Antifaschist*innen, die dann am dritten Abend anreisten, um vor Krieg und Verfolgung geflohene Menschen vor dem Hass der dummen Deutschen zu schützen, bekamen das Waffenarsenal der Polizei zu spüren. Pfefferspray, Schlagstock, Wasserwerfer – Knochenbrüche, Haut- und Augenreizungen, Schürfwunden und Prellungen. Danke.

Heidenau, das wissen Sie, ist nicht überall. Heidenau, vor wenigen Wochen nannte man das wenige Kilometer entfernte Freital, ist aber an verdammt vielen Orten. Allein in der ersten Hälfte diesen Jahres gab es über 200 Übergriffe auf Unterkünfte von Geflüchteten. Doch alles, was Ihnen dazu einfällt, ist das Problem klein zu reden und darauf zu drängen rigoroser abzuschieben, damit das soeben klein geredete Problem nur ein bisschen größer bleibt, als Sie es machen und nicht noch viel größer.

Mit Ihrer Argumentation liefern Sie dem Stammtisch Argumente, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der wahrscheinlich größten humanitären Katastrophe seit dem zweiten Weltkrieg ist das aber nicht. Vermutlich wäre eine solche aber auch nicht zu erwarten. Sie sind schließlich bloß Schreiberling bei SPIEGEL Online, nicht etwa „echter“ Journalist. Ein „echter“ Journalist würde sich nicht die Blöße geben einen ganzen Absatz despektierlicher Äußerungen über Slogans der radikalen Linken und Fair Trade Kleidung zu verschenken.

Und deswegen, Jan Fleischhauer, sollte man ihren geistigen Abfall, ganz schnell, rigoros und gnadenlos ins Daten-Nirvana abschieben – denn dahin, wo er herkam, wird er wohl nicht zurückgehen.

Ciao!

Artikelbild: Jan Fleischhauer (Abbildung ähnlich) Foto von Oliver Hallmann auf Flickr; lizensiert unter CC-BY 2.0

Phrasologie

Auch nach dem grottigsten Kick ist man für FCSTPAULI.COM in der Mixed Zone auf Stimmenfang unterwegs und was sollste als Fußballer auch sagen, wenn du gerade zum wiederholten male hinter den in dich gesteckten Erwartungen zurückgeblieben bist? Der Griff in die Phrasenkiste erscheint als Notwendigkeit:

„Es wäre einfach mal wichtig in Führung zu gehen“, schlaumeiert Marc Rzatkowski ins Mikrofon, „[w]enn man aber die Chancen, die man hat nicht macht, verliert man so ein Spiel.“ erklärt Startorjäger Christopher Nöthe (2 von 4 Saisontoren per Elfmeter). Das wusste eine Woche zuvor auch Abwehrdings Sobiech: „Wenn du vier hundertprozentige Torchancen hast, dann muss der Ball irgendwann mal reingehen“. Passiert das nicht könnte das eventuell daran liegen, dass die Offensivabteilung an Ungefährlichkeit kaum noch zu überbieten ist. Der kroatische Sturmbarde Ante Budimir köpft so liebevoll sanft auf den Tormann, dass es schon eine Beleidigung für den Begriff ‚Torschuss‘ ist. Gleiches gilt natürlich für die Kullerbälle eines Dennis Daube, wenn er die Pille denn mal wenigstens grob in Richtung der 3 weißen Alustangen brachte und nicht meilenweit daneben oder drüber bolzte. Standardsituationen seien Standards, weil man sie trainieren könne – nicht so offensichtlich beim „etwas anderen Verein“ (Urheber unbekannt). Die filigranen Zauberfüße der Herren Maier und Rzatkowski bringen seit Wochen weder Ecken noch Freistöße von unseren Stümperstürmern verwertbar vor’s Tor, geschweige denn einen direkten Freistoß auf’s Tor.

Aber natürlich gibt es aus dem „Freudenhaus der Liga“ (Urheber unbekannt) auch positives zu vermelden: „So wie die Mannschaft aufgetreten ist hat sie aber gezeigt, dass sie lebt“, weiß (Eigen-)Torschütze Sören Gonther. Na dann ist ja alles gut, die Vitalfunktionen sind stabil. Fällt es unter „Sand in den Kopf stecken“ (Lothar Matthäus), festzustellen, dass Siege einzufahren schwer wird, wenn man sogar diese Löwen Mannschaft nicht zu knacken vermag? Im Abstiegskampf musst du gewinnen („alles andere ist primär“ (Hans Krankl)). Wer aber unsere Tore schießen soll, die für diese Siege erforderlich sind, die Erklärung bleibt uns die gesamte Truppe von Sportdirektor bis Zeugwart schuldig. Natürlich haben wir „Scheiße am Fuß“ (Andy Brehme) und zum fehlenden Glück kommt wöchentlich „auch noch Pech dazu“ (Jürgen Wegmann). Für eine gewisse Zeit konnte man eventuell hoffen die Bedrohlichkeit unserer Lage würde „von den Medien hochsterilisiert“ (Bruno Labbadia), doch wenn die Mannschaft nicht bald etwas mehr leistet, als lediglich am Leben zu sein, atmen wir bald Drittligaluft. Welche Phrasendrescher den Gang mitgingen bleibt freilich abzuwarten.

„Ich habe fertig!“ (Giovanni Trapattoni)

Charity: Ultras verschenken Choreo

Omnomnom. Hinter dem ersten Türchen dieses Jahr für die Crew11 aus Aalen mal etwas Unbekanntes: ne Choreo. Mit Liebe verpackt und mit Deutschlandfähnchen garniert, direkt aus dem Aktivitätenarchiv der Heidenheimer Fanatico Boys geopfert: Charity: Ultras verschenken Choreo weiterlesen

In ollen Lumpen gen Moderne

Ich muss zugeben, ich bin ein bisschen enttäuscht. Beinahe mit Genugtuung habe ich die Fragezeichen in den Fressen dummdeutscher Ultras mir vorgestellt, da dieses doch sonst immer so kritische Sankt Pauli ja nun gar nichts zum Red Bull Boykott gesagt hat. Nehmen die etwa nicht teil? Natürlich nicht! Der Sankt Pauli Styleguide braucht eigentlich nur eine Seite, auf der steht: was Fußballdeutschland macht, dat lass man besser nach!

Die Auseinandersetzung mit dem Phänomen Rasenballsport ist müßig. Moderner Fußball bringt diverse unangenehme Erscheinungen mit sich. Versitzplatzung, Werbebeschallung, immense Bierpreise und abwegige Ablösesummen sind das eine, Rasenheizung, One-Touch-Football (nicht bei uns, aber bei RB vielleicht) und „Fußballfans gegen Homophobie“ sind das andere. Moderner Fußball ist genauso wenig das absolute böse, wie ein Heilsversprechen. Das größte Ärgernis heutiger Fußballveranstaltungen ist aber der Protest des gemeinen Michels gegen das, was er als modernen Fußball oder dessen Auswirkungen zu erkennen meint. Dabei ist nach Dietmar Hopp das neue gemeinsame Feindbild in Form von „RasenBallsport“ Leipzig schnell gefunden. In ollen Lumpen gen Moderne weiterlesen

Gegen den modernen Fußball?

Heute Abend um 20:00 findet ein Autorengespräch mit 120minuten und Vert et Blanc statt. Die Autoren letztgenannten Blogs hatten für erstgenannte Seite einen Grundlagentext zu den Themen moderner Fußball und (struktureller) Antisemitismus geschrieben. Neben einigen weiteren Texten beschäftigten sich die Bremer zuletzt mit Philip Kösters Ausführungen in der 11Freunde zu RB Leipzig. Begleitend zum heutigen Autorengespräch haben die Grün-Weißen eine Literaturliste zur Verfügung gestellt.

Die Lektüre der Texte und des Autorengeplauders und gerne auch die Teilnahme an diesem (unter dem Hashtag #120modern), sei an dieser Stelle gemeinhin empfohlen. Auch Sankt Pauli ist bekanntlich keine Insel der Glückseeligkeit und ob des näher rückenden Spiels gegen RB Leipzig ist auch von braun-weißer Seite mitunter mit regressiver Kapitalismuskritik zu rechnen. Schaden kann das also nicht.

// Beitragsbild lizensiert unter CC BY 2.0 von Flickr-User Allie_Caulfield ergänzt um Pictogram von Vert et Blanc //

Der kleinen Raute bei BILD…

… die allerbesten Grüße. Ich musste schmunzeln:

bild-sweet
Screenshot von BILD.de zzgl. Hervorrhebung und much Love

So viel Passion lebt sonst nur Nürnberg beim Abarbeiten an Fürth. Respekt!

// Beitragsbild lizensiert unter CC BY-ND 2.0 von Flickr-User Günther Hentschel //

Nachtrag, 18.8.2014: Mittlerweile wurde der Schriftzug entfernt.

#SchlandUnverkrampft. Dummdeutsche Kommentare Folge 2 *Trigger*

Nachdem die Tweetschau zu #GerGha für dieses Blog ungeahntes Interesse hervorgerufen hatte, haben wir beschlossen auch bei den folgenden Begegnungen der deutschen Nationalelf, die jeweiligen Hashtags zum Spiel ein wenig zu beobachten.

Dieser Beitrag deckt die Spiele #USAGER und #GERALG ab.

*TRIGGERWARNUNG*
Dieser Beitrag enthällt rassistische, sexistische und homophobe Sprache und Diffamierungen (ua. mehrfach das N-Wort)!
*TRIGGERWARNUNG*

#SchlandUnverkrampft. Dummdeutsche Kommentare Folge 2 *Trigger* weiterlesen