Frühlingserschlaffen

Wismut Aue 2 : 1 FC Sankt Pauli

Lang her, dass ich das letzte Mal einen Spielbericht für dieses Blog verfasst habe, aber warum nicht mal in alte Muster verfallen? Südkurve on Tour hat es im Vorfeld des Spiels im Ergebirge geheißen und es machten sich tatsächlich 4 Busse von USP, 2 Busse des Fanladen, 1 Bus der Skins plus Busse aus Berlin, NRW und Prag auf den Weg in den fernen Osten und so fand sich im Gästeblock eines der letzten alten Stadien im Profifußball eine sanges- und trinkfreudige Menge ein, die sich aber mit 2,5% Kinderbier begnügen musste. Die große Masse unter den Leuten wird es nicht einmal gemerkt haben.

Früher hat man nur zu gern über Stadien, wie dem in Aue gemeckert: Kein Dach über der Kurve, Laufbahn, am Arsch der Heide. In Zeiten modernen Arena-Einheitsbreis freut es beinahe, ein Stadion mit Charakter, mit Charme, irgendwie eine Art Schmuckkästchen zu besuchen. Trotzdem beschissene Sicht und ohne Dach is halb so laut.

Die Sonne vermochte eine Ahnung eines wunderschönen Frühlings vermitteln – T-Shirt-Wetter! Sichtlich euphorisiert legten sich Fans und Spieler in der ersten Halbzeit ins Zeug. USP wartete zum Einlauf der Mannschaften mit Fahnen, Luftballons und den bösen Kassenrollen auf. Die Fans der Wismut mit Konfetti und Kassenrollen. Dazu ein Banner im Grafitti-Maker-Style. Nicht schön, aber irgendwie selten.

Auf dem Platz war das Spiel weitestgehend in der Hand von braun-weiß. Tatsächlich bekam unsere Mannschaft in der ersten Halbzeit die eine oder andere Kombination hin, nur was dort mit Glück, Stolpern und Wind noch gelang – ein Tor – bekamen sie in der zweiten Hälfte nicht mehr hin. Stattdessen gab es verdientermaßen im Gegenzug zu den gefühlten 50 rausgestolperten Torchancen, die alle in der Bergluft verpufften, zwei Gegentreffer. Darf sich auch niemand beschweren, das war leider verdient.

Auf dem Rückweg bekamen die Spieler dann noch einen Eindruck der Lebenswelten von Fußballfans – am Leipziger Flughafen versuchten einige LOK-Hools einen Übergriff auf unsere Spieler (Link selber suchen: Bild Leipzig). Manch einer wird nun sichtlich bestürzt nach dem Zeitpunkt für die ersten Toten fragen, das geht mir jedoch zu weit. Wenngleich ich diese ganze „Wir hau’n uns wegen Fußball auf die Ömme“-Nummer stets etwas grenzdebil finde, blieb die Situation ja offenbar recht harmlos und so kann man sich schon beinah über ein Stück gewonnene Empathiefähigkeit seitens der Spieler freuen, ohne jedoch die Aktion in irgend einer Weise gutzuheißen, aber man möchte ja auch nicht übertreiben.

PS: Ich weiß, innovative Idee und ist auch noch keiner vor mir drauf gekommen: Torschusstraining?!

Veröffentlicht von

Hugo Kaufmann

Geboren nahe einem Bauernhof in Norddeutschland wuchs Hugo in ländlicher Idylle auf. Von der Ruhe genervt zog er mit Anfang 20 in die weite Welt hinaus, getrieben von dem Ziel fortan an jeder etwas größeren Revolution teilzunehmen. Letztlich strandete er in Hamburg, wo der FC Sankt Pauli sein Revolutionsersatz wurde. Er glaubt weiter an das schöne Leben in der klassen- und herrschaftslosen Gesellschaft, weiß aber, mit Sankt Pauli wird das nicht erreicht. Es folgte die Flucht in digitale Welten, wo er das Lichterkarussell im alkoholisierten Überschwang “erfand”. Fehlende Ahnung wird seither mit exzessivem Fremdwortgebrauch zu kaschieren versucht. Halbwegs gebildete Menschen durchschauen das natürlich sofort. Motto: “Auch wenn alle meiner Meinung sind, können alle unrecht haben.”