Niveaulimbo und Sexismus – Der übliche Mallorcaurlaub

Wie jedes Jahr verbringt die Profimannschaft des FC Sankt Pauli ihren Jahresurlaub gemeinsam auf Mallorca und lässt die Sau raus. Traditionell legen die Kiezkicker dabei ein Verhalten an den Tag, welches manch Sankt Paulianer eigentlich von Saseler Kieztouristen erwarten würde. Bei diesen Strandparties entstehen bisweilen mehr oder weniger verstörende Bilder. 2010 beispielsweise machte das Foto von Benedikt Pliquett im knappen Schweinchenstring, der Corny Littmann an seine Hüfte drückte, die Runde.
In diesem Jahr ist es Lennart Thy der für die größte Aufregung sorgt. Die am Sonnenschirm festgebundene Gummipuppe wirkt neben seinem entblößten Genital nämlich beinahe bieder. Im Rücken von Millionärstochter und Penthouse-Model Nina Kristin packte er seinen Phallus aus, wie der Nichtskönner der Chosen Few auf der selben Insel. Welches Bedürfnis er zu stillen suchte, ob er pullern oder pimmeln wollte ist nicht gänzlich klar.

*Nachtrag: Thy hat lt eigener Aussage in einen Eimer pinkeln wollen. Die Aktion ist ihm peinlich. Focus*

Nicht aus Langeweile hat sich das Aktionsbündnis gegen Sexismus und Homophobie laut StPauli.nu in der Sache an den Verein gewandt. Ob intentional oder nicht, in der Komfortzone einer Frau sollten gewisse Dinge besser verborgen bleiben. Das sowas nämlich als Belästigung aufgefasst werden kann ist nicht unwahrscheinlich. Die Aktion kann daher durchaus als Sexismus gewertet werden, selbst wenn sich „Lenny“ dessen nicht bewusst gewesen sein mag. Das ist auch der Fall, wenn er, wie durchaus möglich, lediglich in einen Eimer pinkeln wollte. Da hat sein Ding nichts, aber auch gar nichts zu suchen! Wollte er sie sogar anpimmeln oder fand er es lustig hinter ihrem Rücken seinen Schwanz auszupacken, handelt es sich um übergriffiges Verhalten, das manche bereits in den Bereich des Rape einordnen würden.

Es ist nicht davon auszugehen, dass die nötige Sensibilität bei ihm vorhanden ist. Vielmehr ist von heterosexistischer Sozialisation auszugehen, denn die ist in unserer Gesellschaft leider die Norm. Das Tragen des Sankt Pauli Trikots alleine schafft keinen emanzipierten und bewussten Geist. Auch andere Spieler haben sich schon Aktionen geleistet die Fern jedes Wertekanons des Vereins und seiner Fanszene zu verorten sind. Sie hatten im Gegensatz zu Thy in der Regel das Glück, dass es die ebene des Flurfunks der üblichen Kreise nie ernsthaft verlassen hat. Es ist daher kein Schock, keine Überraschung, dass so etwas passiert. Im Gegenteil, man rechnet beinahe mit so etwas.

Nichts desto weniger ist es natürlich kritikwürdig und Grund zur Aufregung. Lennart Thy wird sich entschuldigen müssen. Wie die Gummipuppe andeutet ist, wenig überraschend, die Mannschaft nicht frei von Sexismus und Mackertum und Thy entsprechend kein Ausnahmefall. Allgemein wäre es daher wünschenswert, wenn sich bei Spielern ein Interesse an Themen wie Sexismus und Homophobie herausbildete. Das Umfeld des FC Sankt Pauli eignet sich wie kein Zweites zur Schaffung von Awareness. Auch Fans lernen hier immer wieder etwas dazu und es wären nicht die erste Spieler die bei Sankt Pauli sensibilisiert würden.

Veröffentlicht von

Hugo Kaufmann

Geboren nahe einem Bauernhof in Norddeutschland wuchs Hugo in ländlicher Idylle auf. Von der Ruhe genervt zog er mit Anfang 20 in die weite Welt hinaus, getrieben von dem Ziel fortan an jeder etwas größeren Revolution teilzunehmen. Letztlich strandete er in Hamburg, wo der FC Sankt Pauli sein Revolutionsersatz wurde. Er glaubt weiter an das schöne Leben in der klassen- und herrschaftslosen Gesellschaft, weiß aber, mit Sankt Pauli wird das nicht erreicht. Es folgte die Flucht in digitale Welten, wo er das Lichterkarussell im alkoholisierten Überschwang “erfand”. Fehlende Ahnung wird seither mit exzessivem Fremdwortgebrauch zu kaschieren versucht. Halbwegs gebildete Menschen durchschauen das natürlich sofort. Motto: “Auch wenn alle meiner Meinung sind, können alle unrecht haben.”