Der Fall Wiesenhof

Die barbarische Ausnahme in einem sonst ethisch-moralisch einwandfreiem System.

An der Weser war beinahe alles perfekt. Ein schlichtes Trikot in den Vereinsfarben ohne Sponsor. Das Fanherz hüpft, wir kennen das noch von den Trikots des FCSP vor 3 Jahren. Doch nun wendet sich das Blatt aus Fansicht zum Schlechteren. Ein Logo mit norddeutschem Bauernhaus soll laut „Bild“ die Brust der Fischköppe zieren, es gehört dem Geflügelkonzern Wiesenhof. Dieser war zuletzt in die Kritik geraten, weil er Tiere schlecht behandelt und Arbeiter_innen ausbeutet. Die ARD hatte einen entsprechenden Bericht verfasst.

Paul Heinz Wesjohan
Wiesenhofboss Paul Heinz Wesjohan, bei der Geburt von DFL-Boss Rauball getrennt (Screenshot aus "Das System Wiesenhof", ARD)

Und genau deswegen entlud sich gestern ein Shitstorm auf der Facebookseite des SV Werder Bremen. Natürlich ist es verständlich, sich über derartige Bedingungen aufzuregen nur ist es leider das typische Richtig/Falsch-Schema, das hier Antrieb ist und in bekannter Betroffenheitsrhetorik seinen Ausdruck findet. Es ist ja mitnichten so, dass diese Vorgänge ein Unikum sind und Wiesenhof der einzige Produzent, der derart mit den Tieren verfährt. Es ist vielmehr das klassische Schema in der industriellen Landwirtschaft unserer kapitalistischen Welt. Es geht hier um Profit, um Gewinnmaximierung. Die Nachfrage nach günstiger Wurst erzeugt ein entsprechendes Angebot und anders herum. Entsprechend ist der Fleischkonsum auf Rekordniveau und die Entstehungsbedingungen des Fleisches sind dem Wesen des Systems gewissermaßen äquivalent.

Die verkürzte Gutgläubigkeit, es sei damit getan, den „Ausnahmefall Wiesenhof“ zu kritisieren, ist symptomatisch für die Zeit der „99 Prozent“, die immer noch glauben, es könne eine gute (soziale?) Marktwirtschaft geben. Die Problemanalyse der „shitstormenden“ Fußballfans erinnert erschreckend an den durchaus bekannten Fokus ihrer Kritik auf den „modernen Fußball“, bei der stets vergessen wird, dass jener lediglich Auswirkung des kapitalistischen Systems ist. Doch das nur als Nebenvermerk. Grundsätzlich ist die nun aufkommende Kritik an Wiesenhof Ausdruck derer, die tatsächlich so naiv sind, zu glauben, es gebe ein richtiges Leben im Falschen (Phrasenschwein wird beschert) und das ist der Fehler.

Tatsächlich, wäre es ein anderer Konzern, der unter vergleichbaren Bedingungen produzierte, wenn es Wiesenhof nicht (mehr) gebe. Vielmehr gibt es diverse Betriebe und Konzerne weltweit die unter unwürdigen Bedingungen – für Mensch und Tier – produzieren. Dabei ist aber nicht so, dass es die guten Betriebe einerseits und die bösen Betriebe, wie den Wiesenhof-Konzern, andererseits gibt. Alles, der Bio-Hof, genau wie der unethische Massenbetrieb, der Discounter und die Edelfleischtheke, der Dumpinglohn des Wiesenhof-Arbeiters und das Konto von Herrn Wesjohan finden im selben systemischen Kontext statt. Es ist das System und nicht die schwarze Seele des Konzernchefs, das Tierquälerei, Dumpinglöhne, mangelhafte Hygienebedingungen, etc. produziert, so dass auch die Arbeit der Holocaust-Relativierer von PETA nur bedingt dazu beitragen kann, diesen Zustand zu ändern. PETA fordert mit seinen Kampagnen regelmäßig zu kritischem Konsum hinsichtlich der Tierrechte auf, also dazu vegetarisch oder besser noch vegan zu leben. Nun sei es jedem Menschen unbenommen über seine Lebensführung selbst zu entscheiden, nur ist es tatsächlich so, dass gerade jene kritische Konsument_innen den neoliberalen Geist, der das System derzeit am nachhaltigsten prägt, vortrefflich reproduzieren:

In letzter Konsequenz bedeutet dieses Verhalten eine Verschiebung der Verantwortung für gesellschaftliche Verhältnisse: weg von den Institutionen gesellschaftlicher Macht, hin zum Individuum. Und das bedeutet zugleich, dass der Markt als Regulationsinstanz Akzeptanz findet, weil er ja von bewussten KonsumentInnen genutzt wird. Politischer Konsum erscheint somit als paradigmatische Aktionsweise der Kinder des Neoliberalismus. So wird jedoch zugleich die Verantwortung von dem Bereich der Produktion in den des Konsums verlagert (Publikative.Org/Tobias Neef)

Das ist nicht als Vorwurf gegenüber irgendwem zu lesen und soll nicht die moralische Waage zugunsten der Fleischkonsument_innen ausgleichen. Das schlechte Gewissen, das Fleischkonsument_innen durch Kampagnen, wie der gegen Wiesenhof, gemacht werden soll, ist jedoch wenig hilfreich. Dadurch werden die Ursachen der Produktionsverhältnisse in Betrieben, wie denen des Wiesenhof-Konzerns, verschleiert, gleichzeitig wird versucht einen ungerechtfertigten moralischen Druck aufzubauen. Ein Verzicht auf Fleisch oder tierische Produkte mag im Stande sein das eigene Gewissen beruhigen und kann als moralische Stärkung fungieren; es gibt gute Gründe dafür fleischfrei zu leben. Es wäre jedoch falsch zu glauben, es brachte eine Änderung hervor. Ferner ist mit Schuldzuweisungen à la „Jeder, der Fleisch isst, finanziert die Produktionsbedingungen mit seinem Konsumverhalten mit“ (siehe PETA Video zu Wiesenhof ab Minute 3:20) weder den Tieren oder sonst wem geholfen sei. Beinahe ist sogar das Gegenteil der Fall: die auf diese Weise geschwungene Moralkeule nimmt Druck von den Produzenten (was aber auch keine nachhaltigen Änderungen herbeiführen kann) und verteilt sie auf die Schultern der Einzelen. Weder ein Shitstorm gegen Werder, gegen Wiesenhof oder gegen Fleischfresser wird Kapitalismus, Massentierhaltung, Dumpinglöhne, schlechte Hygienebedingungen oder irgend etwas anderes ändern – und gleiches Gilt für Kampagnen.

Natürlich kann Öffentlichkeit und ein kritisches Bewusstsein punktuelle Erfolge erzielen. Es reicht nicht, gegen Wiesenhof als einzigen Fall zu agitieren, im Allgemeinen aber das System zu tragen, damit macht man sich schließlich unglaubwürdig. Das kritische Bewusstsein muss sich aber auf das Ganze beziehen und darf nicht auf einzelne Komponenten limitiert sein. Letztlich findet der kritische Konsum, da seine Grenzen, wo ihn sich die Menschen schlichtweg nicht mehr leisten können. Mit Sicherheit kann er also eine Komponente im Kampf ums schöne Leben darstellen, aber es darf sich nicht auf ihn beschränken und sich ihm bedienen zu können, ist ein Privileg, kein moralischer Freibrief.

Veröffentlicht von

Hugo Kaufmann

Geboren nahe einem Bauernhof in Norddeutschland wuchs Hugo in ländlicher Idylle auf. Von der Ruhe genervt zog er mit Anfang 20 in die weite Welt hinaus, getrieben von dem Ziel fortan an jeder etwas größeren Revolution teilzunehmen. Letztlich strandete er in Hamburg, wo der FC Sankt Pauli sein Revolutionsersatz wurde. Er glaubt weiter an das schöne Leben in der klassen- und herrschaftslosen Gesellschaft, weiß aber, mit Sankt Pauli wird das nicht erreicht. Es folgte die Flucht in digitale Welten, wo er das Lichterkarussell im alkoholisierten Überschwang “erfand”. Fehlende Ahnung wird seither mit exzessivem Fremdwortgebrauch zu kaschieren versucht. Halbwegs gebildete Menschen durchschauen das natürlich sofort. Motto: “Auch wenn alle meiner Meinung sind, können alle unrecht haben.”

  • astro

    Inwieweit siehst Du ernsthafte Anzeichen dafür, dass Tiere in nicht-kapitalistischen Systemen besser behandelt würden? Wie sehr sind die Ursachen also „systemisch“, wie weit sind sie einfach „menschlich“?

    • http://lichterkarussell.net Lichterkarussell

      Nunja das ist empirisch natürlich schwerlich zu belegen, so eine Situation gab es noch nie, da in „vorkapitalistischer Zeit“ ein vielfaches weniger an Fleisch konsumiert wurde. Grundsätzlich scheint es aber zumindest an den Haaren herbeigezogen, die zumindest extremen Auswüchse der Fleischproduktion (Brutalität, völlige Überzüchtung, etc.), seien auf menschliche Ursachen (also Sadismus?) zurückzuführen.
      Ich denke in einem System, in dem nicht „der Markt“ die Tonangebende Instanz ist, wo nicht ein unbedingtes Bestehen auf diesem Markt gleichbedeutend mit der eigenen Existenz ist, wäre es nichtmal rational derartige Bedingungen zu entwickeln.

  • Pingback: Tägliche Presseschau des magischen FC, 09.08.2012 | Blutgrätsche Deluxe()

  • http://hamburg-ist-gruen-weiss.de/ Hambourg est verte et blanc

    Hm.

    Die Abgrenzung zur moralisierenden Tierschützer-Posse ist wichtig und richtig. Alles Weitere ist dann aber wohl ebenfalls zu kurz gedacht und vor allem geschrieben. Nicht der Bullshit der „shitstormenden“ Kids sondern Deine Gleichsetzung von Markt und Produktionsbedingungen erinnert nämlich an die verkürzte Kritik modernen Fußballs. Da hatten Neoliberale (die diesen Namen *wirklich* verdient haben und nicht etwa schlichte Marktradikale, die man heutzutage so zu bezeichnen pflegt…) vor gut dreissig Jahren schon ambitionierte Ideen – etwa Robert Nozick, der in „Anarchy, State and Utopia“ von 1974 nachzeichnet, dass ein minarchistischer Staat (den Du vermutlich einfach „kapitalistisch“ nennen würdest) auf Basis einer libertären Ethik negativer Rechte durchaus ohne Fleischkonsum auskommen würde und müsste… kannste ja mal nachlesen.

    http://www.scribd.com/doc/8291827/Anarchy-State-And-Utopia-Robert-Nozick (S. 33 – 51).

  • http://metalust.wordpress.com momorulez

    Na ja, ob nun „Neoliberale, die diesen Namen „wirklich“ verdient haben“, da nun so wahnsinnig weiter helfen, oder eine „libertäre Ethik negativer Rechte“ nun dabei hilft, das Verhältnis von Markt und Produktionsbedingungen zu erhellen, das wage ich doch zu bezweifeln. Dass Minimalstaatler wie Nozick auch von knallhart Rechtslibertären und Rechtsliberalen in Anspruch genommen werden können und der Weg zu Leuten wie Milton Friedman da so weit nicht ist, das sollte doch zumindest deutlicher erwähnt werden, wenn man so eine Quelle in die Diskussion wirft. Das soll nicht heißen, dass sich in der Ecke auch sinnvolle Argumente finden lassen, aber so was wie „Eigentümlich frei“, kann ja jeder selbst googeln, kann dabei ebenso raus kommen wie Neocon-Positionen. Nur so zur Einordnung. Das sind ja tatsächlich Einflüsse auf die Debatten der letzten 40 Jahre, die in der Tat hierzulande kaum zur Kenntnis genommen werden, aber wie die wirkten, das verdient zumindest Erwähnung – nämlich unter anderem zu dem, was gerade in Spanien und Griechenland abgeht und was Thatcher durchgezogen hat. Nicht umsonst ist Armatya Sen einer der prominenten Nozick-Kritiker, wie sich sogar dem Wikipedia-Eintrag entnehmen lässt, und da empfehle ich dann doch eher „Ökonomie für die Menschen“ 😉 …

    • http://hamburg-ist-gruen-weiss.de/ Hambourg est vert et blanc

      Ob das, »was gerade in Spanien und Griechenland abgeht« Resultat von minimalstaatlichem Non-Interventionismus à la Nozick oder nicht im Gegenteil Ergebnis von staatlicher Fehlplanung und Monopolbildung ist, lasse ich hier mal dahingestellt. Alles spricht dafür, dass ein freier Markt Banken und Kredite solcher Art frühzeitig gekillt hätte. Ob eine »Ökonomie für die Menschen« egalitär organisiert sein sollte, ist auch ’ne ganz andere Frage. Ich denke, dass man bei Friedman (oder besser noch: Warren Buffett) mehr darüber lernen kann als bei vielen Anderen. Allein, darum ging es hier ja gar nicht.

      http://hamburg-ist-gruen-weiss.de/2012/the-good-the-bad-and-the-ugly-werder-wiesenhof-und-die-wutfans/

      • http://metalust.wordpress.com momorulez

        Dass „Antideutsche“, Liberale, Neocons und US-Libertäre sich auf ähnlichem Terrain tummeln, das hättest Du sooo eindrucksvoll nun auch nicht belegen brauchen, vert et blanc, das weiß man doch 🙂 – suchest Du „Blut und Boden“, lese nach bei Hans-Herrmann Hoppe. Die Gutsherrenart passt ja auch zum Hähnchen. Und probier’s mal mit dem „tendenziellen Fall der Profitrate“ und die Anwendung des Theorems, das ja nun auch nicht zum Ladenhüter verkommen soll, und beziehe es auf den Derivathandel. Und das mit der Monopolbildung und dem Markt und wieso letzteres geradezu notwendig zu ersterem führt kann man auch studieren, auch, wieso die EU-Kommission glaubt, dass man sie braucht, um Konkurrenz zu ermöglichen. Wir versuchen derweil in braun-weiß darüber nachzudenken, ob Anarchie statt Nozick, Friedman und Rothbard nicht doch ein Leben möglich machet 🙂 …

        Ist jetzt meinerseits zwar auch nur blödes Imponiergehabe und Name-Dropping-Tackling, aber man kann ja auch dem Spiel des Gegners folgen, um seine Energie für sich zu nutzen. Solche ostasiatischen Ansätze würde ich bei uns auch gerne mal wieder auf dem Platz sehen.

        • http://hamburg-ist-gruen-weiss.de vert et blanc

          Was das alles mit klassisch linken Feindbildern zu tun hat (Antideutsche, Neocons, Bayern), wird mir nicht klar. Gründe für ein Namedropping auch nicht: Ich habe nur gesagt, dass ich es für zu kurz gedacht halte, auf „die kapitalistische Gesamtscheisse“ zu schimpfen und dabei blind zu sein für die Ermöglichkeitsbedingungen (insbesondere zivilisatorischer Art!), die heute vermutlich niemand von uns zweien missen möchte.

          HHH und seine Deutschtum-„Ideen“ halte ich für indiskutabel und gefährlich. Asiatische Strategie und Taktik auf dem Platz begrüße ich dagegen sehr. Leider hat unser Vorzeigeexemplar in solchen Disziplinen den SVW gerade in Richtung Hoffenheim verlassen…

          • http://metalust.wordpress.com momorulez

            Bayern? Wieso Bayern? Und ich bin das Feindbild der Neocons, da bleibt mir umgekehrt nichts anderes übrig 😉 …

            Ich glaube, dass es systematische Gründe hat, dass HHH da landete, wo er landete. Weil die US-Libertäre Tradition, in der ich auch Nozick verorten würde, geradezu notwendig auf den „sozialen Kitt“ wie z.B. jenen der Kirchen verweist, die sich dann um das Soziale kümmern. Und dann hast Du automatisch Rassismus, Sexismus und Homophobie sowie einen ausgeprägten Sozialdarwinismus mit im Boot. Das hier ist nicht der Raum, das nun ausgiebig zu entfalten, das finde ich aber wichtig, wenn man solche Leute hier verlinkt. Da finde ich Sen als Liberalismus-Variante interessanter, dessen Einwand an Nozick laut Wikipedia ja gerade war, dass z.B. Hungersnöte, er hat für solche Forschungen den Wirtschaftsnobelpreis bekommen, der Sen, die Folge eines solchen Modells sein können. Weil Sen einen engen Zusammenhang zwischen Demokratie und der Abwesenheit von Hungersnöten nachgewiesen hat. Was nun wiederum in Zeiten, da linke Mittelschichtskinder auf Demokratie eindreschen, ja auch erwähnenswert ist und mit dem Minimalstaats- und Marktmodell, das Leute wie Nozick ja vertreten, zu tun hat. Weil es eben sagt, was für Folgen das hat.

            Du hast in Deinem Blog zudem einen von diesen für „antideutsche“ typischen „Blut und Boden“-Schlenker gemacht. Über den habe ich mich geärgert, weil nun „Mittelaltersehnsucht“, „Romantik“ rufen, wenn man die Massentierhaltung doof findet, nun auch nicht allzu aussagekräftig ist.

          • http://hamburg-ist-gruen-weiss.de/ vert et blanc

            »Und ich bin das Feindbild der Neocons, da bleibt mir umgekehrt nichts anderes übrig 😉 …«
            Jaja, das gute, alte Freund/Feind-Schema, die »eigentliche« Unterscheidung des Politischen…

            »Ich glaube, dass es systematische Gründe hat, dass HHH da landete, wo er landete.«
            HHH ist unter Libertäten (in seinem Fall konkret: Anarcho-Kapitalisten) keinesfalls umunstritten. Gerade seine sexistischen und homophoben Ausfälle haben in den USA für Empörung gesorgt und haben Libertäre auf Distanz gehen lassen. Das Deutschtum-Gesülze fällt drüben weniger auf, ist in der Tendenz aber brandgefährlich, weil es so ethnopluralistische Pseudotoleranz propagiert. Da brauchst Du dann nicht mal mehr Kirchen, um Rassismus, Sexismus und Homophobie an Bord zu haben.
            Wieso das aber generell auf US-Libertäre (etwa Nozick) zutreffen soll, ist mir nicht klar.

            »Was nun wiederum in Zeiten, da linke Mittelschichtskinder auf Demokratie eindreschen, ja auch erwähnenswert ist und mit dem Minimalstaats- und Marktmodell, das Leute wie Nozick ja vertreten, zu tun hat.«
            Da muss man die Begriffe Demokratie und Freiheit imho klar auseinander halten. Sie sind historisch häufig gemeinsam aufgetreten, aber es besteht keine innere Notwendigkeit dazu. Eher schon die Frage der Präferenz (was dann die Sen’schen Hungersnot-Studien zumindest in ein anderes Licht rückt, als wenn man sie ohne diesen Verweis gegen Nozicks Minarchismus in Feld führt). Das Demokratie-Fass möchte ich hier aber auch gar nicht erst aufmachen. Daher fix ein letzter Punkt, dann haben wir die gröbsten Missverständnisse wohl klar gemacht…

            »Du hast in Deinem Blog zudem einen von diesen für “antideutsche” typischen “Blut und Boden”-Schlenker gemacht.«
            Warum die distanzierten Gänsefüßchen (wie passend!) um das Adjektiv? Weil Du mir suggerieren möchtest, antideutsch zu sein – aber so richtig eben doch nicht? Weil Du den Begriff unpassend findest (ich auch), ihn aber trotzdem gerne benutzen willst? Das alles würde mehr über Dich als Kommentator als über mich oder gar Wiesenhof aussagen. Der »typische Schlenker« taucht drüben in einer Aufzählung auf (»… nicht für den Preis, anstelle eines anonymen Marktes und durch Zurückweisung des »kapitalistischen Systems« überkommene Realitäten von vorgestern zu reaktivieren: Jenseits »des Systems« lauern Horden, Sippen, Stämme, Blut oder Boden.«). Nochmal ganz deutlich: Ich bin kein Fan von Massentierhaltung. Erst Recht nicht á la Wiesenhof. Aber wer die »Gesamtscheiße« zurückweist ohne die Errungenschaften der Reise dorthin zu retten, riskiert alles. Horden, Sippen, Stämme oder Blut und Boden waren Differenzierungsformen, die ohne industrielle Nahrungsmittelproduktion auskamen. Das rechtfertigt nix, sollte aber bedacht werden und wurde es (hier) nicht.

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  • http://metalust.wordpress.com momorulez

    @vert et blanc:

    Die Gänsefüsschen, weil das, was ich aus der „antideutschen“ Ecke kenne, zu Unrecht so genannt wird – womit ich nicht die frühe „Nie wieder Deutschland“-Bewegung meine. Und dass Neocons nun nicht unbedingt dadurch aufgefallen sind, Schwulen Sympathie gegenüber zu bringen, ist ja nun nix, was ich von Carl Schmitt abgeleitet hätte. Es gibt ja auch so was wie objektive Interessenlagen, trotzdem unsereins auch gerne mal missbraucht wird von denen, Muslimen einen überzubraten, sind die so nett nicht zu unsereins. Zudem übrigens von denen, die mit Tea Party und Evangelikalen kungeln und alles und jeden des Totalitarismus bezichtigen, auch recht originelle Varianten eines Begriffs negativer Freiheit in Anschlag gebracht wird, dass nämlich die schlichte Existenz meinereiners die Religionsfreiheit bedrohe. Das ist so eine Sache mit den Konzeptionen Negativer Freiheit, auf die Du ja oben abgehoben hast – meistens mutieren die zu „Freie Fahrt für Bürger!“-Theoremen im Sinne des Rechts des Stårkeren. Es gibt da übrigens einen hervorragenden Text von Charles Taylor dazu, nein, nicht dem aus Liberia, für jene, die das vertiefen wollen. Der heißt auch „Negative Freiheit“. Das Thema als solches ist ja wichtig für die politische Theorie und Philosophie. Und dass sich von HHH viele distanziert haben, das weiß ich; es ist aber kein Zufall, dass der bei solchen Positionen landete. Sen hingegen formuliert grandios Begriffe positiver Freiheit aus. Ist das, was ich im Rahmen des FC St. Pauli und darüber hinaus auch richtiger finde. Du kannst ja derweil ins Grün-Weiße den Thatcherismus einführen 🙂 …

    • http://hamburg-ist-gruen-weiss.de/ vert et blanc

      @momorulez

      Mit Neocons habe ich nichts am Hut. Dass sich Leute aus den Think Tanks oder auch die Tea Party-Deppen mit Versatzstücken ambitionierter politischer Philosophie schmücken, lässt sich wohl weder verhindern noch reicht das hin, um den Autoren einen Strick daraus zu drehen. Wenn Du da eine innere Notwendigkeit siehst, wie Du etwa bei HHH suggerierst, dann wollen wir über die Exzesse egalitär-totalitärer Systeme besser gar nicht anfangen… zur Abgrenzung zum Konservatismus hat sich Hayek schon 1971 im Nachwort zu seiner »Verfassung der Freiheit« klar positioniert. Alle Neocon-Vorwürfe gehen (für mich) daher am Punkt vorbei, den Schuh ziehe ich mir nicht an. Oder willst Du Gulags rechtfertigen müssen?

      Aber zurück zu den wichtigen Dingen: Die Parallisierung von positivem Recht (das imho nicht funktionieren *kann*, aber ich werde mal den Taylor-Text lesen) und dem FCSP finde ich bemerkenswert – weil ich gar nicht kapiere, was Du meinen könntest. Noch mal langsam?

  • http://metalust.wordpress.com momorulez

    Hat Sen einen Gulag betrieben? Was ich meine, kannst Du ergoogeln, wenn Du sein Capilibilities-Konzept ergoogelst. Das finde ich zwar nicht utopisch, aber realpolitisch ganz gut.

    Und die Verwüstungen, die das, auf das Du Dich berufst, angerichtet haben, sind ja im Rahmen formal-egalitärer Systeme in rechtlicher Hinsicht veranstaltet worden, allerdings auch von den Chicago-Boys in Chile.

    Hayek nun ausgerechnet anzuführen ist der Stand der Diskussion 1947 oder so ähnlich, ist ja nun einiges passiert seit Friedman, was eben auch neue Antworten erfordert.

    Dieses „Wirtschaft wird in der Wirtschaft gemacht“ à la Rexrodt ist ja sogar deskriptiv Blödsinn, und dass sich die VWL, die formalisierte Märkte und Nebenbedingungen analysierte und sich als Naturwissenschaft gerierte gerade flächendeckend blamiert hat, das schreit nun auch nicht gerade nach einer Berufung auf Hayek und Co. Die Fakultäten könnte man genau so gut dicht machen, die haben nichts Sinnvolles zu sagen. Dagegen ist ja die Literaturwissenschaft harte Wissenschaftswährung.

    Ich verweise aber gerne ergänzend auf meine jahrelange Teilnahme bei Diskussionen dort in den verstaubten Archiven:

    http://bissige-liberale.net/

    und dort:

    http://shiftingreality.wordpress.com

    da haben wir all das jahrelang diskutiert, deshalb wirkt das auf mich ganz persönlich so seltsam wiedergängerisch hier gerade. Such da mal „Von Mises – ein Zitat“ oder so ähnlich.

    Ich sehe mich da aber seit der „Bankenkrise“ sozusagen als historischer Sieger im Sinne des Rechthabens 😀 … ab da wurden diese ganzen Ansätze wirklich zu absurdem Theater. Alles nur wegen der bösen Sozialisten, die Leuten, die es nicht verdient haben, Häuser zukommen lassen wollten … völliger Blödsinn.

  • http://lichterkarussell.net Lichterkarussell

    @vert et blanc

    Deine Gleichsetzung von Markt und Produktionsbedingungen erinnert nämlich an die verkürzte Kritik modernen Fußballs.

    Wo habe ich das getan? Ich spreche davon, dass die Produktionsbedingungen eine logische Folge unseres gesellschaftlichen Systems und seines Marktes sind, was du ja selbst in deinem Blog nicht bestreitest:

    Dass die Zunahme der städtisch-industriellen Bevölkerung und der technische Fortschritt eine nie zuvor dagewesene Steigerung der Nahrungsmittelproduktion nötig und möglich machten, kann nicht von der Hand gewiesen werden. Geschenkt. Es handelt sich dabei um Begleiterscheinungen im Zuge der Zunahme von Wohlstand und Zivilisation.

    Du unterstellst aber, ich glaubte folgendes:

    Das kapitalistische System tötet die Puten in Wiesenhofs Agrarfabriken? Und erst die Gewinnmaximierung macht aus einem Lebewesen ein verwertbares Objekt? Das muss in vielerlei Hinsicht verwundern: Als sei erst im Übergang zur kapitialistischen Produktionsweise das Tier als ein verwertbares Objekt entdeckt worden!

    Das ist natürlich Quatsch. Fleisch wurde schon lange bevor es kapitalistische Gesellschaften gab konsumiert, absolut richtig. Und das geschah auch zu Zeiten, als

    Horden, Sippen, Stämme, Blut oder Boden

    die Welt dominierten. Meinen Verweis, dass Massentierhaltung ein Produkt unserer wie auch immer geartet kapitalistischen Gesellschaft ist, mir dergestalt entgegenzuhalten, als dass ich mich aufmachte zu

    romantische[r] Verklärung ländlicher Beschaulichkeit und Einfachheit, [der] Suche nach dem Ursprünglichen und Unverfremdeten, kurz: eine[r] Sehnsucht nach vorzivilisatorischen Zuständen

    wird der Intention meines Textes nicht im Ansatz gerecht. Ebensowenig by the way meiner irrationalen Abneigung von Bäuerlichkeit, aber das kannst du nicht wissen.

    Die Errungenschaften der Reise

    nämlich, sind mir sehr wohl lieb und teuer, ich möchte sie lediglich nicht auf einem Markt handeln (müssen), da ich im Gegensatz zu dir, nicht davon überzeugt bin, dass Monopolbildung ein rein staatliches Produkt, sondern sehr wohl auch vom freien Markt hervorgebracht werden kann. Grundsätzlich bin ich nicht in der Lage eine derart große Marktgläubigkeit aufzubringen, wie du das offenbar imstande bist. Ob nun eine libertäre Ethik negativer Rechte/Freiheit mit oder ohne Fleisch auskommen kann oder muss, ist mir dabei auch herzlich egal, denn ich will ja gar nicht ohne Fleisch auskommen. Wenn das aus welchen Gründen auch immer per Massentierhaltung hergestellt werden muss, ist das so.

    Gegen diese Haltung von mir kann man natürlich etwas haben, man kann von mir aus auch gerne vegan leben, wie ich schrieb, das sei jedem unbenommen. Nur verstehe ich die Empörung über Wiesenhof nicht, denn das ist, wie ich auch schrieb, mitnichten der einzige Konzern, der derart produziert. Warum also das jetzt das große Problem ist, nicht aber die Produktionsbedingungen der Stadionwurst, die sich die Menschen seit Jahr und Tag genüsslich in den Mund stopfen, das ist Stein des Anstoßes meines Textes.

    Um nochmal kurz auf den Minarchismus und den Markt, sowie die negative Rechte zu kommen, schwirrt mir die ganze Zeit das gute, alte Bakunin Zitat im Kopfe herum:

    Wir sind überzeugt, dass Freiheit ohne Sozialismus Privilegienwirtschaft und Ungerechtigkeit, und Sozialismus ohne Freiheit Sklaverei und Brutalität bedeutet

  • http://hamburg-ist-gruen-weiss.de/ vert et blanc

    @momorulez
    »Ich sehe mich da aber seit der “Bankenkrise” sozusagen als historischer Sieger im Sinne des Rechthabens«

    Siehst Du, und da könntest Du nicht falscher liegen. Ich lese Hayek übrigens nicht als Wirtschaftswissenschaftler (da hast Du Recht, da ist er ein wenig angestaubt…), sondern als politischen Philosoph. Zwar gibt es auch da präzisere Denker – wie etwa der von Dir ins Feld geführte von Mises – aber sei’s drum. Zum Nachvollzug der Abgrenzung vom Konservatismus aus einem liberalen Selbstverständnis heraus kann man Hayek gerne lesen.

    @Lichterkaussell:
    »Das kritische Bewusstsein muss sich aber auf das Ganze beziehen und darf nicht auf einzelne Komponenten limitiert sein. […]. Mit Sicherheit kann er also eine Komponente im Kampf ums schöne Leben darstellen, aber es darf sich nicht auf ihn beschränken und sich ihm bedienen zu können, ist ein Privileg, kein moralischer Freibrief.«

    Dann erkläre mir doch mal bitte, wie Du die Ernährung moderner, arbeitsteiliger Gesellschaften gewährleisten willst, ohne 2/3 krepieren zu lassen! Dass das in weiten Teilen der Welt bis heute Standard ist, ist schlimm genug – aber eine Rückkehr zu mittelalterlichen Formen gesellschaftlichen Wirtschaftens kannst Du ja offenbar nicht im Sinn haben. Bei Deiner Abneigung gegen Bäuerlichkeit. Ohne die Errungenschaften moderner Technik sieht’s da finster aus. Eine in diesem Sinne produktive Wirtschaft besteht nicht ohne Sondereigentum an den Produktionsmitteln. Marx irrt, wenn er schreibt dass »[d]ie Handmühle […] eine Gesellschaft mit Feudalherren [ergibt], die Dampfmaschine eine Gesellschaft mit industriellen Kapitalisten« – die kapitalistische Gesellschaft war Möglichkeitsbedingung der Erfindung der Dampfmaschine. Um vom Kunstdünger gar nicht zu sprechen. Bin mal gespannt wie Du Dein »kritisches Bewusstsein aufs Ganze« richtest und trotzdem noch Milliarden Menschen, so viele wie nie zuvor in der Geschichte!, ernähren können willst.

  • http://metalust.wordpress.com momorulez

    Es kann nicht geleugnet werden, daß der Faszismus und alle ähnlichen Diktaturbestrebungen voll von den besten Absichten sind und daß ihr Eingreifen für den Augenblick die europäische Gesittung gerettet hat. Das Verdienst, das sich der Faszismus damit erworben hat, wird in der Geschichte ewig fortleben. Doch die Politik, die im Augenblick Rettung gebracht hat, ist nicht von der Art, daß das dauernde Festhalten an ihr Erfolg versprechen könnte. Der Faszismus war ein Notbehelf des Augenblicks; ihn als mehr anzusehen, wäre ein verhängnisvoller Irrtum.“

     Dies ist nur 1 Zitat aus von Mises`”Liberalismus”, 1927. Es bildet den Schluss des Kapitels ” Das Argument des Faszismus”, p45.

    Das ist die realgeschichtliche Wirkung all dieser Leute von von Mises über Hayek bis zu Friedman – faschistische Übergangszustände, um ihre Marktscheiße allen gewaltsam aufzuzwingen. Da dann so zu tuen, als wären das es Wege heraus aus der Knechtschaft, ist zynisch.

  • http://hamburg-ist-gruen-weiss.de/ vert et blanc

    @momorulez:

    »Die Taten der Faszisten und der ihnen entsprechenden anderen Parteien waren Reflex- und Affekthandlungen, hervorgerufen durch die Empörung über die Taten der Bolschewiken und Kommunisten. […] Die große Gefahr, die von der Seite des Faszismus in der Innenpolitik droht, liegt in dem ihn erfüllenden Glauben an die durchschlagende Wirkung der Gewalt. […] In dem Kampfe der Gewalt mit der Idee siegt immer die Idee. Der Faszismus kann heute triumphieren, weil die allgemeine Entrüstung über die Schandtaten der Sozialisten und Kommunisten ihm die Sympathien weiter Kreise verschafft hat. […] Es gibt aber nur eine Idee, die man dem Sozialismus wirksam entgegenstellen kann: die des Liberalismus. […]
    Die gewaltsame Unterdrückung [durch Faszisten wie Sozialisten] ist immer das Eingeständnis der Unfähigkeit, mit den besseren, weil allein den Enderfolg versprechenden Waffen des Geistes anzutreten.« (ebd., S. 43ff.)

    Wenn Du schon zitierst, dann bitte auch im Kontext. Dass Du’s nötig zu haben scheinst unter vollständigem Ignorieren des Kontextes (das gesamte Buch stellt Mises‘ Kritik des Sozialismus und eines Regierungsinterventionismus dar und dieses Kapitel im Konkreten die Abgrenzung von faschistischer Argumentation, soweit die 1927 formuliert war) einzelne Sätze zum Beleg der vermeintlichen Tolerierung des Faschismus durch Mises und Co. anzuführen ist albern.

  • http://metalust.wordpress.com momorulez

    Ich habe das schon gelesen, insgesamt kann man das unter antiquiertem Unsinn verbuchen; ich spreche ja von historischer Realität. Und die besteht darin, dass die bürgerlich-liberalen Hitler aus eben diesen Gründen an die Macht gebracht haben im Kungeln mit den Nationalkonservativen, dass diese Bündnisse auch bei Mussolini und Franco eine Rolle spielten, bei den Notstandsgesetzen der 60er, bei den ganzen neuen Sicherheitsgesetzen usw.. Was sich immer wieder und eben auch in Chile wiederholte und meines Erachtens auch hierzulande spätestens seit 1989 unterschwellig, aber doch offenkundig die Politik bestimmt, wenn auch nicht in ganz so krasser Form wie unter Pinochet, formal bleibt Demokratie ja gewahrt.

    Und dieses Kungeln gegen links wirkt bis in die Ignoranz der NSU-Morde hinein. Das ist auch die Liaison, die Dir Stadionvebote im Sinne des Marktes einbringen kann.

    Was immer wieder passiert ist, ist, dass Politik (!!!) sich dieser Theoreme angenommen hat und im staatlichen Sektor implementiert hat, was ja klar ist, das vertritt ja kaum wer in der freien Wirtschaft, die es eh nicht gibt. Die setzen auf Lobbyarbeit und Interessenpolitik.

    Das sind meistens Kopfgeburten von Partei- und Staatsangestellten, die so was streuen, weil es bei Macht hilft.

    In all den Jahren, da ich mit diesen Rechtsliberalen diskutierte, war gerade mal einer dabei, der in nicht-staatlichen Zusammenhängen sein Geld verdiente. Diese Theorien überhaupt als ernstzunehmende Ansätze zu rezipieren ist schon vollkommen naiv, das sind rein funktionale Operationen im Rahmen einer Ideologie, die reale wirtschaftliche und politische Phänomene verschleiern soll mittels Idealtypenbildung, die derart weltfremd sind, dass man sich mit auch nur ein wenig Lebenserfahrung einfach nur die Haare raufen kann.

    So, jetzt aber auch gut, Du kannst ja gerne in Deinem Wolkenkukucksheim diese kontrafaktischen und normativ nicht begründungsfähigen Konstruktionen glauben, so lange Du es Dir leisten kannst. Irgendwann wirst Du schon merken, wer dergleichen instrumentalisiert, um der nackten Macht und Gewalt den Weg zu eben. Ich sage nur „Konsumklima“.

  • http://hamburg-ist-gruen-weiss.de/ vert et blanc

    »Diese Theorien überhaupt als ernstzunehmende Ansätze zu rezipieren ist schon vollkommen naiv, das sind rein funktionale Operationen im Rahmen einer Ideologie, die reale wirtschaftliche und politische Phänomene verschleiern soll mittels Idealtypenbildung, die derart weltfremd sind, dass man sich mit auch nur ein wenig Lebenserfahrung einfach nur die Haare raufen kann.«

    So was muss man sich heute von Linken anhören. Auch bemerkenswert.
    Aber Du hast Recht, wir kommen hier nicht wirklich weiter… und nur bevor wir uns wirklich flasch verstehen: Ich wollte weder Mises noch Hayek verteidigen, sondern lediglich ihren soliden Punkt anführen, dass bei der Kritik der »Gesamtscheisse« die Errungenschaften allzu häufig vergessen werden, die uns die komfortable Sprechsituation ermöglichten, von der aus wir die »Gesamtscheisse« kritisieren. Dagegen habt ihr nix gesagt und das nehme ich dann so einfach mit nach Hause (war’s nicht sogar Marx der meinte, dass erst die volle Entfaltung der Produktivkräfte in der kapitalistischen Gesellschaft gewährleistet sein müsste, ehe das was wird mit der kommunistischen Variante des Wolkenkukucksheims? Wenn dem so wäre, hätten wir ja noch ein Stückchen gemeinsamen Weges…}.