Guten Morgan, schlafende Hunde

Wunderkerzen sollen, wenn es nach DFB, Feuerwehr und Polizei geht am Millerntor nie wieder zu sehen sein. Der FC St. Pauli gab heute eine entsprechende Mitteilung auf seiner Homepage heraus, nach der Fans beim nächsten Heimspiel auf Wunderkerzen verzichten sollten. Man stehe unter Beobachtung. Jetzt gibt es Grund zur Annahme, der Sponsor, der bei diesem Spiel Knicklichter verteilen will, könnte auf andere Art mit dem plötzlichen Verbot zu tun haben, als manch ein Gedanke vermuten ließ.

Leuchtmittel waren immer beliebt im Stadion. Ob nun das gute, alte bengalische Licht oder die klassische Wunderkerze – mit all dem kann man herrliche Effekte erzeugen. Das geht auch mit Feuerzeugen, wie Konzerte von Take That und anderen beweisen, oder neuerdings mit Handydisplays oder Kamerablitzen. Am meisten Charme haben nach wie vor Fackel und Kerze. Der DFB stuft jene jedoch als Pyrotechnik ein, womit sie verboten sind. Zwar sind handelsübliche Wunderkerzen als Feuerwerk der Klasse I eingestuft und dürfen damit von Personen ab 3 Jahren benutzt werden, weiß Wikipedia, doch der DFB Irrsinn braucht solch Klassifizierung nicht, so lange er im Namen der Sicherheit verbieten kann.

Ich habe heute Nachmittag über die Sponsorenaktion zum nächsten Heimspiel geschrieben. Es wurde in einer offiziellen Mitteilung darum gebeten bei dem Spiel, bei dem der Sponsor Captain Morgan im ganzen Millerntor Knicklichter verteilen möchte, auf Wunderkerzen zu verzichten seien. Der Verein, so heißt es, stehe unter Beobachtung. Eine Verschwörung, das Wunderkerzenverbot, solle der Knicklichtaktion mehr Geltung verleihen, wollte ich gar nicht forcieren, lediglich auf einen mehr oder minder lustigen Zufall hinweisen.

Wunderkerzen passen eigentlich ideal zum FC St. Pauli
Wunderkerzen passen eigentlich ideal zum FC St. Pauli

Doch so zufällig wie es mit mangelndem Verschwörungswillen scheinen mag, ist es vielleicht gar nicht. Sven Brux schließt im inoffiziellen Fanforum einen Zusammenhang zwischen den Knicklichtern und dem Wunderkerzenverbot aus. Für den Gedanken, Wunderkerzen stören die Karpfenteichatmosphäre wird das stimmen, doch es könnte einen anderen Zusammenhang geben.

Aus vertrauenswürdiger Quelle habe ich erfahren, dass der Sponsor ursprünglich nicht mit Angler- respektive Militariazubehör plante, sondern mit – wer mag es erahnen – Wunderkerzen. 20.000 Spautzemännchen in einem Stadion, das stellte man sich schön, vielleicht werbewirksam, in jedem Fall genehmigungspflichtig vor. So kontaktierte man die Feuerwehr, um sich die Erlaubnis für diese Sponsoringaktion zu holen.

Nun zähle man 1 und 1 zusammen und sage mir, werden der Feuerwehr dank ihrer besonders guten Sicht nun ausgerechnet beim letzten Heimspiel gegen Regensburg Wunderkerzenbündel, geworfene Kerzen, etc. nicht entgangen sein, obwohl es bei nahezu jedem Flutlichtspiel zu Wunderkerzengebrauch kommt, oder mag da ein Werbepartner des FCSP tollpatschig und aus Versehen schlafende Hunde geweckt haben?

Es kann Zufall sein, dass die Feuerwehr unseren Club auf die Wunderkerzengefahren hinweist, nachdem sie um Erlaubnis gefragt wurden, es kann aber auch sein, dass die Idee des Sponsors Anstoß einer Dominoreaktion war. Choreoaktionen und ähnliches sollten bei den Fans bleiben.

Wunderkerzen? Kannste knicken!

Diese Mitteilung wurde heute auf die Homepage des FC Sankt Pauli gestellt und unsere geschätzten Kolleg*innen vom Magischen FC kritisieren zurecht, dass die Verantwortlichen hier mal wieder in allerschlimmster Duckmäusermanier und mit vorauseilendem Gehorsam agieren. Non established ist das freilich nicht, aber die Damen und Herren werden schon wissen, wie man Markenpflege betreibt, sind ja Profis. Nur von einem, so scheint es verstehen sie weniger als nichts: Fußballfans.

Liebe Fans des FC St. Pauli,

bei den vergangenen beiden Heimspielen kam es in unterschiedlichen Stadionbereichen zu intensivem Gebrauch von Wunderkerzen. Die Feuerwehr Hamburg kritisierte dies und wies auf die erhöhte Gefahr durch entflammbare Stoffe wie Fahnen, etc. hin. Auch der Deutsche Fußball Bund machte dies in einem Schreiben an uns deutlich und erklärte, dass es sich auch bei Wunderkerzen um Pyrotechnik handelt. Dies könne bei missbräuchlichem Einsatz zu Schäden führen. Das Spiel gegen Paderborn am Montag steht dementsprechend unter Beobachtung.

Wir möchten also dringend darum bitten, keine Pyrotechnik mit ins Stadion zu nehmen – also auch keine Wunderkerzen – um Gefährdungen vorzubeugen und dem Verein vor Schaden in Form von Strafen zu bewahren. Beteiligt Euch lieber alle an der geplanten Choreographie zum Thema „Homophobie beim Fußball“, zu der am Sonnabendmorgen (30.3.) weitere Infos folgen. (FC St. Pauli)

Warum wird der Alerta Action Day erwähnt (Danke) und nicht die tolle Sponsorenaktion?

Dem Vernehmen nach plant Captain Morgan eine Sponsorenaktion bei der Knicklichter verteilt werden sollen. Man muss sich schon im Allgemeinen fragen, ob da niemandem die Idee kommt, dass das den Fans nicht unbedingt gefallen dürfte? Ich erinnere mich noch gut an die JHV vor einigen Monaten. An das Beteuern, bei fanrelevanten Fragen „Experten“ dazuzuholen. Was, wenn nicht fanrelevant, ist eine Aktion, bei der de facto Choreomaterial durch einen Sponsor verteilt wird? Wurde der Fanladen gefragt? Wurde das in die Fanszene zurückgekoppelt? Gab es ein Mitspracherecht? Ich weiß es nicht, kann es mir aber nur schwer vorstellen (lasse mich aber gerne aufklären).

So werden am Ostermontag alle, die nicht „Nerv nicht!“ sagen (also mehr als genug), einen Flyer und ein Knicklicht bekommen. Freilich entsteht daraus keine koordinierte Choreo, dass man solche Utensilien aber um und bei Einlauf einsetzt, dass dürfte mittlerweile gelernt sein. Da ist es doch ein glücklicher Zufall, dass ausgerechnet zu diesem Spiel noch mal drum gebeten wird die bösen, gefährlichen Wunderkerzen zu Hause zu lassen. Es wäre doch schade, wenn das bunte Knicklichterbild durch nervig funkelnde Wunderkerzen getrübt wird. Der Sponsor freut sich und alle halten sich brav an die Regeln, wie es unser Spießerpräsidium sich wünscht.

Doch nicht genug an Benefit, wenn ihr, liebe Vereinsverantwortlichen, noch Nebelmaschinen aufstellt, dann wirkt das vielleicht wie eine echte Pyroshow und wir können endlich aufhören von der Legalisierung zu reden. Just kidding!

Nehmt keine Knicklichter, bringt im Zweifel Wunderkerzen mit und unterstützt die Choreo gegen Homophobie! Alerta!

Auch gut: Publikative.org zum Thema