Kapitalismus mit rundlichem Antlitz

Investmentbanken und Hedgefonds agieren wieder wie vor der Krise, Großbanken manipulieren die Zinsen, die Manager lassen sich Traumgehälter und Phantasieboni auszahlen, Milliardenhilfen für Griechenland und andere notleidende Staaten gehen zu 80 Prozent zurück an die Banken. Das Primat der Politik steht nur noch auf dem Papier, in Wirklichkeit bestimmt die Finanzindustrie den Takt der Politik.

Vor diesem Hintergrund ist es erschütternd, wie schnell die Vorschläge von Sigmar Gabriel zur Bankenregulierung als “Populismus” (Wolfgang Schäuble) abgebürstet wurden. Denn der SPD-Chef hat recht, wenn er die Frage der Kontrolle der Finanzindustrie zur Überlebensfrage der Demokratie erklärt. Deshalb ist das Thema Finanzmarktregulierung auch das richtige Wahlkampfthema. (Sprengsatz.de)

Es geht um das Thesenpapier des Sigmar Gabriel. Die Speerspitze der revolutionären Proletarierbewegung „SPD“ hat sich in Form ihres Parteichefs zur Eurokrise positioniert und präsentiert einen klientelgerechten, weil leicht verständlichen und zutiefst populistischen, sowie der Parteilinie treu bleibenden, weil unwirksamen Lösungsansatz: den Banken das Zocken verbieten.

Weder Gabriel noch Spreng werden der Krisenproblematik hier im Ansatz gerecht. Was ist denn mit der SPD Politik unter Schröder? Und was ist vor allem mit der rot-grünen Beschäftigungspolitik dieser Tage? Wie verhält es sich denn mit der bundesdeutschen Nettolohnentwicklung und der Wirtschaftskrise?
Statt also die eigene Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Finanzpolitik in der Zeit der rot-grünen Bundesregierung als eine der bedeutendsten Ursachen für die Krise zu benennen oder gar dem Problem mit vernünftiger Kapitalismuskritik beizukommen, wird tumb auf die armen Bankvorstände eingedroschen.

Da sitzen ein paar Vorzeigekapitalisten in den Chefetagen großer Banken und verhalten sich so, wie es das System möchte und Siggi fordert mehr Anstand und Regulierung – ganz im Sinne des „kleinen Mannes“, versteht sich. Was fordert Gabriel denn da? Anständige Kapitalisten? Kapitalismus mit menschlichem Antlitz? Mir wird schlecht!

Sprengs Text baut auf der selben ekelhaften Verblendungsrhetorik auf, wie Gabriels Thesen. Was soll das sein? Eine Wahlempfehlung für die SPD? Hier wird eine Hoffnung in die offenbar leblose Opposition gesteckt, die wirklich rein gar nichts tut, was sie als Opposition erkennbar werden ließe. Sprengs Text trieft vor der Angst dem Wahlvolk sei das Gespenst der „Alternativlosigkeit“ schon so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass Schwarz(-Gelb?) tatsächlich auch die nächste Wahl gewinnen könnte.

Die Regierung macht in der Krise tatsächlich keinen guten Job und die deutsche Austeritätspolitik wird von nahezu allen Seiten nicht zu unrecht kritisiert. Nur hat Schäuble als Regierungsvertreter mit einem Recht: Gabriels Thesenpapier ist blanker Populismus, wer etwas anderes behauptet hofiert diesen. Jeder Satz des Papiers ist als Bankerschelte zu verstehen. Als wären Finanzvorstände die Blutegel, die ein ansonsten funktionierendes System auslaugten. Hier wird mit den Ängsten und Vorurteilen der Wähler_innen gespielt. Das Wesen der Krise bleibt dabei unerwähnt und von den vorgeschlagenen Maßnahmen unberührt. Die Wähler_innen bekommen nicht mehr, sondern andere Antworten. Letztlich werden sie dabei aber nicht besser verarscht, als unter der jetzigen Regierung.

Es ist eine typisch unbeholfene, sozialdemokratische Kapitalismuskritik, wie man sie kennt. Da wirft sich das Oppositionswa(h)lross zum Wahlkampf auf den Beckenrand, winkt mit seinen falschen Thesen und … stellt fest, es kommt nicht mehr ins Wasser. Der Dompteur versucht dem gestrandeten Ungetüm mit ein wenig Wahlkampfhilfe beizukommen, doch das Wa(h)lross ist zu fett. Rein metaphorisch gesprochen, versteht sich.

Veröffentlicht von

Hugo Kaufmann

Geboren nahe einem Bauernhof in Norddeutschland wuchs Hugo in ländlicher Idylle auf. Von der Ruhe genervt zog er mit Anfang 20 in die weite Welt hinaus, getrieben von dem Ziel fortan an jeder etwas größeren Revolution teilzunehmen. Letztlich strandete er in Hamburg, wo der FC Sankt Pauli sein Revolutionsersatz wurde. Er glaubt weiter an das schöne Leben in der klassen- und herrschaftslosen Gesellschaft, weiß aber, mit Sankt Pauli wird das nicht erreicht. Es folgte die Flucht in digitale Welten, wo er das Lichterkarussell im alkoholisierten Überschwang “erfand”. Fehlende Ahnung wird seither mit exzessivem Fremdwortgebrauch zu kaschieren versucht. Halbwegs gebildete Menschen durchschauen das natürlich sofort. Motto: “Auch wenn alle meiner Meinung sind, können alle unrecht haben.”