Eieiei, Matthias Waldraff,
hatten Sie etwa ein paar „Lüttje Lage“ zu viel auf dem Hannoverschem Schützenfest? Bei einer FDP-Diskussionsveranstaltung in der HDI Arena schlugen Sie vor, eventuell geprägt von den Eindrücken der Festivitäten, mittels Spielmannzügen im Stadion „eine Gegenkultur zu den Ultras aufzubauen“. Das sei „nicht nur Rum-Ta-Ta, sondern ein relativ hohes musikalisches Niveau“, erläutern Sie Ihren Vorschlag und nennen Ihn in Anlehnung an lang vergangene Kutten-Tage „Offensive Manolo“ (Der gute Mann war übrigens auch eine Art Ultrà seiner Zeit).
Die Ultras, so wenig von den Exemplaren aus der Niedersächsischen Hauptstadt zu halten ist, stellen ihrerseits bereits eine Gegenkultur dar, zum bornierten, verstaubten, deutschen Stammtisch-Mainstream aus dessen Spinnweben Sie nun uniformierte Blaskapellen herausholen wollen. Das ist tatsächlich noch weit schlimmer, als die Kutten-Kultur, die in den 80er und 90er Jahren die Fankultur hierzulande prägte.
Die Marschmusik soll dann dafür sorgen, „dass die Ultras nicht mehr zu hören sind“. Mit den importierten Musikanten soll den Menschen im Stadion gezeigt werden, dass sie Stimmung auch selber machen könnten. Mit Verlaub, Herr Waldraff, das mögen Sie anders wahrnehmen, doch Ultras SIND Menschen im Stadion, die Stimmung selbst machen, viel mehr sogar, als dort stationierte Schützenvereins- und Feuerwehr-Bigbands. Dass das vermutete Gewaltproblem (Stichwort: Phantomdebatte) davon nicht mal tangiert würde, scheint Ihnen laut HAZ darüber hinaus durchaus klar zu sein. Sie können sich aber ja mal die Gewalt- und Verletztenstatistiken beim Schützenfest ansehen.
So erhielten Sie erwartungsgemäß nicht sonderlich viel Beifall. 96-Präsident Kind steht dem Vorschlag eher defensiv gegenüber. Wenn wir mit Martin Kind mal einer Meinung sind, kann das durchaus als Indiz gewertet werden, dass Ihr Vorschlag in die Kategorie Wenn Blinde über Farben reden fällt. Aber danke für’s Geräusch.
Zitate: Matthias Waldraff, zitiert nach HAZ: Waldraff will Ultras den Marsch blasen
PS: Liebe HAZ, der Trommler vom Bökelberg auf den der OB Kandidat Bezug nahm war Ethem Özerenler alias Manolo und stammte aus der Türkei. Er erhielt seinen Spitznamen in Anlehnung an Manuel Cáceres Artesero alias Manolo el del Bombo. Der „Spanier Manolo“ trommelt für den FC Valencia und die spanische Nationalelf, unseres Wissens nach jedoch nicht für Gladbach. Das hätte zwar jeder Praktikant kurz googlen können, aber das Zeitungssterben muss ja irgendwie gerechtfertigt werden.