Michel Foucault steigt in „Überwachen und Strafen“ ziemlich unvermittelt damit ein: Martern (also ‚peinliche Strafen‘) wurden abgeschafft.
Das Zeremoniell der Strafe tritt allmählich ins Dunkel und ist schließlich nicht mehr als ein weiterer Akt des Verfahrens oder der Verwaltung. Die öffentliche Abbitte ist in Frankreich zum ersten Mal im Jahre 1791 abgeschafft worden und nach einer nicht lange währenden Wiedereinführung neuerlich 1830; der Pranger wird 1789 abgeschafft, in England 1837. […] Die Zurschaustellung ist in Frankreich 1831 beibehalten worden – trotz heftiger Kritiken […] sie wird 1848 abgeschafft. Und die Kette, an der die Zuchthäusler durch ganz Frankreich, bis Brest und Toulon, zogen, wird im Jahre 1837 durch dezente schwarzbemalte Zellenwagen ersetzt. Die Bestrafung hat allmählich aufgehört, ein Schauspiel zu sein. Alles an ihr, was nach einem Spektakel aussah, wird nun negativ vermerkt.
Liegt also alles lange zurück und es ist negativ konnotiert. Das soll uns in Deutschland kurz vor Anbruch des Jahres 2012 wenig stören. Wir werden immer wieder Zeuge schrecklicher Delinquenz und so sehr sich große Boulevard-Blätter auch bemühen, ein ähnlich spektakulärer Prozess von Verurteilung und Bestrafung, wie ihn unsere Vorfahren zu erleben pflegten, bleibt uns verwehrt. Ein Scheiß-Zustand befindet das Lichterkarussell im Schulterschluss mit großen Teilen des StPauli-Forums und damit hoffentlich den größten Teilen der gesamten Sankt Paulianischen Fanszene. Pfiffe und Rufe aus der Gegengerade am vergangenen Montag lassen Hoffnung zur Richtigkeit dieser Annahme wachsen.
Zurück also, zu Pranger, Lynchjustiz, öffentlicher Abbitte.
Wir rufen auf zum FlashLynchmob auf dem Südkurvenvorplatz! Morgen Abend! Der Werfer hat sich gefälligst dort hin zu bequemen! Die Polizei fängt dich eh, du Wicht! Auch der Schneeballhoschi, der Becheryuppie und natürlich die Pyrospinner aus Rostock, Braunschweig und Hannover letzte Saison sowie der Flitzer vom Testspiel sind herzlich eingeladen sich peinigen zu lassen.
Wir stellen faules Obst und Gemüse bereit. Achtung! In den NICHT-veganen Wurfkisten werden auch faule Eier liegen. Achtet auf die Kennzeichnung der Kiste, falls ihr vegane Lynchjuristen seid.
Da wir uns in der kalten Jahreszeit befinden schenken wir ausreichend Glühwein aus. Wir nehmen dafür eine kleine Unkostenpauschale von 4,50 Euro pro 0,1 Liter Becher.
Zum Ablauf:
Delinquenten der Vergangenheit melden sich bitte im AFM*-Büro bei Tommy an. Hier werden sie in die Verbrecherkartei des FC St. Pauli aufgenommen. Eine Übernahme in die polizeiliche Datei Gewalttäter Wurf kann nicht ausgeschlossen werden. Nach erfolgter Registrierung wird die delinquente Person in Ketten gelegt um dann später mit den anderen Chaoten den interessierten Bürger_innen und Fans vorgeführt zu werden. Im ersten Schritt werden sie sich und ihre Motivation ihre Verbrechen zu begehen erklären. Diese Erklärungen werden dann vom Auditorium beantwortet, hierbei stehen mit den Wurfkisten Hilfsmittel zum adäquaten Ausdrücken bereit.
Die Randalierer werden dann noch bis zum 27. Dezember am Zaun vor dem Telekomgebäude angebunden um ihnen das Weihnachtsfest zu versauen, das ist nämlich nur für artige Kinder. Im Anschluss daran unterschreiben sie, dass sie dem FCSP 500.000 Euro schulden und dürfen gehen.
Wir hoffen auf ein gut besuchtes Spektakel.
Es werden noch Helfer gesucht, die die Ketten mit Schmieröl behandeln, damit es richtig schön ekelig ist. Interessenten werden gebeten sich direkt an die AFM* zu wenden.
*AFM meint die fiktive Abteilung Folternde Mitglieder, nicht die bekannte Abteilung fördernde Mitglieder. Die letztgenannte Institution wird vom Verfasser in ihrer Funktion, Aufgabe, Ausrichtung und personellen Besetzung zu 99% wohlwollend betrachtet und soll mit diesem Text nicht diskreditiert werden.
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