Wenn die Band „Kategorie C – Hungrige Wölfe“ heutzutage Konzerte spielt, wird der genaue Veranstaltungsort stets erst am Konzertabend über eine anzurufende Handynummer bekanntgegeben. Vorher gibt es nur eine grobe Ortsbestimmung, etwa „Großraum Hamburg“. Das macht antifaschistische Intervention gegen die Bremer Hooliganband und ihre Fans, beide „unpolitisch“ – also in weiten Teilen extrem rechts, tatsächlich schwierig. So bleibt oftmals nur, die Betreiber der Lokalitäten, in denen die Band ihre Konzerte spielt, auf das Wesen der Gäste hinzuweisen.
Der Betreiber des „ONE-Elmshorn“ ahnte nichts Böses, als er seinen Laden für ein Konzert mit „Deutsch-Rock“ buchen lies. Nun erstattet er Anzeige, nicht gegen die Band, sondern die Antifa Pinneberg. Die hatte öffentlich Bedenken geäußert, dass er, Kullen Bronst, neben dem „Karl-Heinz-Timm-Gedächtnisturnier“ für Jugendfußballmannschaften nun offenbar auch Rechtsrock Konzerte veranstalten würde. Der Ärger über die so hergestellte Verbindung und die Angst um seine Reputation ließen ihn nun offenbar das Mittel der Anzeige wählen. Dass er nicht wusste, wem er da das „ONE“ anvertraut, ist durchaus glaubwürdig, die Anzeige zeugt jedoch von schlechtem Stil. Es wäre nicht zu viel verlangt nach dem Namen der Band zu fragen, die da aufspielen soll und Recherchen zu betreiben. Gerade zu „Kategorie C“ ist da ja schnell valides Material zu finden.
So muss man eben auch durch die Scheiße waten, in die man sich wohl nur unabsichtlich hineingeworfen hat. Es mag sein, dass pauschale Fingerzeige auf Betreiber von Eventlocations nicht die Lösung des Problems sind, wie Robert Lüdecke von der Amadeo Antonio Stiftung sagt. Doch können sie eventuell helfen zu einer Sensibilisierung beizutragen. Locationbetreiber sollten allgemein vorsichtiger sein, an wen sie ihre Locations vermieten. Hätte Kullen Bronst sich im Wissen um die Identität der Band gegen das Konzert entschieden, wäre das ein wichtiger Schritt, den nicht einmal alle seiner Kollegen gehen würden. Zu sehr noch gilt vielen extrem rechtes Gedankengut als legitime politische Meinung, über die ein Locationbetreiber nicht zu urteilen hätte.
Lüdeckes Lösungsansatz, mehr verdeckte Ermittler in die Szene der extremen Rechten zu schleusen, mutet wie ein schlechter Scherz an. Es muss doch sehr verwundern, dass eine solche Forderung aus den Reihen der Amadeo Antonio Stiftung kommt, deren Blog Publikative.Org gar schon leierkastenartig auf die Hilf- und Erfolglosigkeit der V-Mann-Praktik der Verfassungsschutzämter hingewiesen hat. Nicht zuletzt durch den NSU-Fall wurde dies auf schockierende Weise bewiesen.
Ein Ansatz dem Problem tatsächlich – zumindest in Teilen – beizukommen, wäre es antifaschistischen Recherchen größere Bedeutung beizumessen. Stattdessen jedoch wird ganz im Sinne der Extremismustheorie alles „linksextreme“ kriminalisiert. Während auf die staatliche Akzeptanz also lange gewartet werden kann, ist die zivile Akzeptanz weit einfacher zu realisieren. Angefangen werden könnte mit dem Zurückziehen der Anzeige. Beim nächsten Mal könnten Kullen Bronst und seine Mitarbeiter ja einfach mal nachfragen, um welche Band es sich handle und sich vertrauensvoll an die Antifa Pinneberg wenden, um zu erfahren, wie cool die Band denn sei. Gesetz dem Fall natürlich, man möchte mit Herrn Bronst noch reden, nach der Anzeige.
Ergänzung: Noch absurder wird die Geschichte, wenn man sich das kommende Programm des One in Elmshorn ansieht. Dort findet in der kommenden Woche ein Bandcontest statt. Teil des Programms ist die Metalband „Faagrim“, die sich selbst als unpolitisch bezeichnet und sich in Interviews gerne vom NSBM (National Socialist Black Metal) distanziert. Schon nach kurzer Recherche ist allerdings ersichtlich, dass das Plattenlabel „Christhunt Productions“ dieser Band eindeutig dem rechten bzw. NSBM Milieu zuzuordnen ist. Nicht zu bestreiten also, dass sich „Faagrim“ damit wenigstens in einer dunklen Grauzone bewegt. Zufall? Offensichtlich zumindest nichts gelernt.
Pressespiegel der Antifa Pinneberg
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