von @probablyzuerich (Gastautor) und Hugo Kaufmann
Während in Harvestehude der Bau einer Geflüchtetenunterkunft vorerst auf Eis liegt, nachdem einige Anwohner*innen geklagt haben und in diversen deutschen Städten nach wie vor, getrieben von einer diffusen Mischung aus Abstiegsängsten, Rassismus und Nationalismus, teilweise zig-tausende Menschen auf die Straßen gehen, wenn nicht gar schlimmer hetzen und attackieren, kann der Stern von einem Beispiel berichten, in dem eine kleine Gemeinde mit Geflüchteten gänzlich anders umgeht:
„Des sant auch Menschen, bloß a bisserl schwarz“
Es steht außer Frage, dass Rassismus und andere antiemanzipatorische Einstellungen und Wertüberzeugungen im ländlichen Raum verbreiteter und verwurzelter sind, als in den Ballungszentren, doch darf das Wissen darüber, eventuell gar Verständnis dafür, nicht davor bewahren, dass dieser Rassismus, so positiv er gemeint sein mag, als solcher erkannt und benannt werden sollte und nicht aus Freude darüber ignoriert wird, dass überhaupt jemand was tut (Mal ganz davon ab, dass da sicherlich genug Bevormundung, etc. stattfindet). Es muss darum gehen, Rassismus da zu kritisieren, wo er auftritt. Die Krönung, allerdings, ist das hier:
„Als dieses Jahr am Volkstrauertag der Toten aus den Kriegen gedacht wurde, hat der örtliche Soldaten- und Kriegerverein auch die Flüchtlinge eingeladen. Gemeinsam mit den Einheimischen standen ein paar von ihnen bei der Gedenkfeier am Kriegerdenkmal, auch sie sind Opfer von Krieg und Vertreibung.“
Inklusion heißt in Deutschland anscheinend auch die eigene Opfergeschichte zu erneuern und gemeinsam den toten Wehrmachtssoldaten zu gedenken. Dass die einen vor Bürgerkrieg und Armut, die anderen aber wegen des verpassten Griffs nach der Weltherrschaft fliehen mussten, wird schön unter den Teppich gekehrt.
Es ist schön zu sehen, dass geflüchtete Menschen in Deutschland nicht nur auf Hass und Ablehnung stoßen, sondern willkommen geheißen und integriert werden. Jedes dieser Beispiele hat in der Sache eigentlich mehr Aufmerksamkeit verdient, als all die Wutbürger*innen-Demonstrationen.
Ihr alle, die ihr mit Geflüchteten arbeitet, auf sie zugeht, ihnen Kleidung und Hausrat spendet: Gerade auch Antira-Arbeit oder Nachbarschaftshilfe sprechen nicht von kritischer Selbstreflektion frei. Die Aufarbeitung rassistischer Stereotype kann mit der Begegnung beginnen, jedoch nicht mit ihr enden. Paternalisierung, Exotisierung und dergleichen sind Ausdruck einer Gesellschaft, deren Norm „weiß“ ist. Das gilt es zu erkennen und zu hinterfragen, wenn man es mit der Solidarität zu Geflüchteten wirklich ernst meint. Im konkreten Fall scheint überdies eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte dringend geboten!
Jenseits dessen: Top! Danke! Weiter so!
(Beitragsbild: CC BY-NC-SA 2.0 von Rainer Holland auf Flickr)