Es ist dieses selbst auferlegte Dogma immer Recht behalten zu wollen. „Was ist denn dein Tipp?“, fragte mich mein Mitbewohner auf dem Weg vom Fanladen zum Stadion. Meine Antwort, spontan, wie aus der Pistole geschossen: „2:1!“ Danach dann diverse Revisionen in Gedanken: „Vielleicht auch 3:0?! Oder 0:2?!“ Egal! Gesagt ist gesagt.
Unglücklicherweise fand das Spiel ja an einem Montagabend statt, ein ausgiebiges Feiern des Heimsieges blieb damit aber naturgemäß auf der Strecke. USP hatte dazu im Vorfeld einen schönen Text veröffentlicht, in dem die Gruppe auch erklärt hat, am Aussetzen des Stimmungsboykotts festzuhalten. Stattdessen hat man vermehrt auf optischen Protest gesetzt und mit dem dicken “Scheiß Sport1” hinter dem Tor auf jeden Fall schon mal ein Statement gesetzt. Darüber hinaus gab es viele weitere kleine Tapeten mit mehr oder weniger kreativen Sprüchen. Ich glaube da ist mittlerweile auch fast alles gesagt, was gesagt werden kann. Ansonsten gab es zum Intro ein bisschen Konfetti, Fahnen und gelbe Schilder zur Sport1 Thematik im Stile der Protestschilder gegen Stuttgart 21. Es ist natürlich wichtig sich im steten Diskurs mit über Protestformen zu bewegen. Die Idee den Zeckensalon für eine Diskussion diesbezüglich zu führen halte ich für ausgesprochen gut. Ich hoffe es werden sich diverse Leute bei dieser Diskussion beteiligen und spannende neue Ideen für Protestformen einbringen.
Trotz der unverschämten Anstoßzeit fand eine recht große Anzahl Duisburger den Weg aus ihrem Ruhrpott-Nest in unser Viertel um ihre Elf bei der Mission Auswärtssieg zu unterstützen. Vergebens, wie sich später herausstellen sollte. Der Duisburger Anhang brachte ein paar Schwenkfahnen und einen Trauerflor, das ihrem am Vortag verstorbenen Fanbeauftragten gewidmet war, mit.
Doch widmen wir uns wieder meinem Ego-Trip zu. Wir erinnern uns, ich will Recht haben und behalten. So war ich bei der Aufstellung offen gestanden etwas verwundert, Neuzugang Kevin Schindler stand in der Startelf. Meine Gefühlslage irgendwo zwischen „Was soll das denn“ und „Genialer Schachzug“ zu verorten, aber würde das so hinhauen mit meinem Tipp? Naja dann müsste Bartels eben einnetzen und wen hätte er sonst aufstellen sollen? Hennings? Doch entgegen anfänglicher Befürchtungen wusste Kevin Schindler zu begeistern, ging die Wege, die ein Stürmer gehen muss an die Stellen, wo ein Stürmer hin muss. Tolles Stellungsspiel und vielversprechender Abschluss. Genau der Typ Stürmer, der uns fehlte also. Wenn sein Auftritt kein positiver Ausrutscher war, dann werden wir noch viel Freude mit ihm haben. Der Deal scheint sich schon mal gelohnt zu haben.
Das Spiel unserer Mannschaft, war teilweise wirklich schön anzusehen, manche Aktionen gefielen mir noch nicht so gut, aber ich bin guter Dinge, dass sich das noch weiter einpendeln wird. Bedenkt man, dass wertvolle Leistungsträger ersetzt werden mussten, überrascht mich das Auftreten unserer Mannschaft. Genauso, und das ist viel wichtiger, überzeugt und erfreut es mich aber.
Auch das Team aus Duisburg hatte seine schön herausgespielten Momente aber es wollte eben nur der Anschlusstreffer aus ihren Bemühungen resultieren. Insgesamt muss man auch konstatieren, dass wir mehr Spielanteile hatten, aber auch wir haben eben viele gute Chancen vergeigt und so hätte das ganze auch anders herum ausgehen können.
Diese Befürchtung wurde besonders stark als Fromlowitz, der übrigens überragend gehalten hat, noch den einen oder anderen Ball von der Linie gekratzt hat. Nichts desto weniger habe ich an meinem Trotz, Recht behalten zu wollen, festgehalten und an den Sieg geglaubt und es ist so verdammt geil in diesem Fall Recht zu behalten. Was für ein geiler Sieg! Emotionaler geht es kaum. Ich liebe diese Spiele, dieses Anfüttern durch das 1:0, dann Ernüchterung durch den Ausgleich, aber als Zuschauer spürt man sofort, die Mannschaft lässt sich davon nicht einschüchtern. Dann eine lange Durststrecke, der Spannungsbogen aufs Äußerste gespannt und Peng!
Emotionale Explosion, das innerste nach Außen gekehrt, die Welt, die Sorgen für einen Moment vergessen, davon gespült. Es scheint mir ein Ding der Unmöglichkeit solche Momente zu beschreiben, ohne dabei in Plattitüden zu verfallen. Ins Detail möchte ich daher gar nicht viel weiter gehen, nur so viel: Gefühlt jedes verschissene Spiel in der letzten Rückrunde bekamen wir so ein beschissenes Last Minute Ding eingeschenkt. Wenn wir schon mal gut mitspielten, gab es am Ende trotz allem den Tiefschlag, dessen Schmerz sich durch Mark und Gebein zieht. Es ist eine immense Erleichterung dieses Phänomen des Fußballs mal wieder auf der glücklichen Seite zu erleben. So schlief ich Montag Abend lächelnd ein, wachte gleichermaßen auf und grinste auch die Kollegen mit der Flaute im Herzen so an. Ein perfektes Wochenende – bis auf die Tatsache, dass Montage nicht zum Wochenende zählen. Und Recht behalten hab ich auch 🙂