Wie der gute Zwilling der MOPO berichten würde

Im Laufschritt zerren Demosanis in der Schanze einen bewusstlosen Demonstranten aus dem Schussfeld. Um sie herum fliegen Schlagstöcke und Wasserfontänen: Ein Bild, das die ganze Brutalität zeigt. Florentin Rot (44), Bürger, und Zugereiste B. Leiberecht (31) sind mittendrin, als es kracht. Auf LICHTERKARUSSELL berichten sie von ihrem „Horror-Samstag“.

Schon einen Abend vor den schweren Krawallen war der Zivilist F. Rot unterwegs, als am Freitag etwa 50 Vermummte vor der Davidwache lediglich Sachschäden verursachten. Für den Bürger, der einfach nur Bürger ist, war klar: „Die Polizei is‘ nu‘ auch sauer.“

„Was dann passierte, habe ich seit 15 Jahren nicht mehr erlebt. Es ging nur um pure, stumpfe Gewalt, Hass auf alles „Linke“ und Rache“, sagt der Vater von zwei Töchtern (16 und 3 Jahre alt).

Am Sonnabend nimmt er sein Versammlungsrecht wahr und findet sich unter anderem zwischen Demonstranten auf der Reeperbahn wieder – um für sein Anliegen, einer Stadt für alle, einzutreten. Als gegen 17.30 Uhr etwa 500 behelmte Krawallmacher die Straße blockieren und Pfefferspray verteilen, war eigentlich gar nichts vorgefallen.

„Wir standen in der Menge. Aus Angst vor Repressionen und unbegründeten Anschuldigungen, trage ich auf Demonstrationen immer Schwarz.“ Der „Schwarze Block“ sei das meistgehasste Neuzeitphänomen bei bürgerlichen Medien und Gesellschaftsschichten. „Es wird dazu aufgerufen, sich von uns zu distanzieren“, sagt Florentin Rot. Mehrfach wird er von Polizisten kontrolliert, gibt sich mit einem Personalausweis als Anwohner zu erkennen.

Auch seine Mitstreiterin B. Leiberecht, Mitglied irgendeiner Initiative, ist auf St. Pauli unterwegs.

Sie sitzt in der Kastanienallee, in der sie mit 200 anderen festgehalten wird. Sie hatte mit vielen bunt gekleideten Menschen an einer Spontankundgebung bei den einsturzgefährdeten und kaputtgesparten Essohäusern teilgenommen. Die Stimmung war friedlich, als die Versammlung plötzlich von der Polizei eingekesselt wird. Die junge Frau kommt mit dem HVV Bus in die GeSa.

Ergebnis: Stundenlanges Verweigern von Verpflegung und Toilettengängen! „Ich habe so etwas noch nicht erlebt. Es ging nur darum, uns zu demütigen und den harten Einsatz zu rechtfertigen“, sagt die Frau, deren Freund von einer übermotivierten Polizeieinheit geschlagen wurde und bewusstlos sowie gefesselt bäuchlings liegen gelassen wurde.

Irgendwer bei Facebook: „Betroffen bin ich über die Bereitschaft der Politik, die Aushebelung elementarer Grundrechte und die hundertfache Verletzung von Würde und körperlicher Unversehrtheit durch Polizisten, billigend in Kauf zu nehmen.“

via „Zeitung“

Veröffentlicht von

Hugo Kaufmann

Geboren nahe einem Bauernhof in Norddeutschland wuchs Hugo in ländlicher Idylle auf. Von der Ruhe genervt zog er mit Anfang 20 in die weite Welt hinaus, getrieben von dem Ziel fortan an jeder etwas größeren Revolution teilzunehmen. Letztlich strandete er in Hamburg, wo der FC Sankt Pauli sein Revolutionsersatz wurde. Er glaubt weiter an das schöne Leben in der klassen- und herrschaftslosen Gesellschaft, weiß aber, mit Sankt Pauli wird das nicht erreicht. Es folgte die Flucht in digitale Welten, wo er das Lichterkarussell im alkoholisierten Überschwang “erfand”. Fehlende Ahnung wird seither mit exzessivem Fremdwortgebrauch zu kaschieren versucht. Halbwegs gebildete Menschen durchschauen das natürlich sofort. Motto: “Auch wenn alle meiner Meinung sind, können alle unrecht haben.”