Tales of the City – Part 1

I do believe in monsters – I call them offices

In der tiefe meines Hirns macht sich ein Impuls breit, ein Gedanke meldet sich zu Wort und meint er wär spruchreif, er will endlich hinaus sich in dein Bewusstsein graben um dort aufzublühn’ und später selber Früchte zu tragen.“ Main Concept verbalisierte den Prozess zur Entstehung dieser Idee dermaßen perfekt, dass ich nicht umhin kam das Intro dahingehend auszurichten. Methodik vor Inhalt. Besagter Impuls war jedenfalls eine Erinnung an unmodern gewordene Erzählungen von Helden und Monstern. Diverse dieser Geschichten griffen dafür plakativ auf den Drachen in der Höhle zurück und dabei waren schon immer beide Bestandteile dieses Bildes gleichermaßen monströs. Eventuell ein ungewohnter Einstieg für das Lichterkarussell, doch wenn die Kerzen brennen und das Karussel sich dreht schweifen Autoren ab in andere Sphären! Der Drache und die Höhle jedenfalls potenzierten gemeinsam ihre ohnehin schon bedrohliche Wirkung und schufen so das Bild vom Monster in der nicht einsehbaren, bedrohlichen Umgebung. Wohl schon immer in irgendeiner Form Metapher, nutzten diese Erzählungen doch reale Urängste um sich zu entfalten und nachhaltig zu wirken. Erzählen und betrachten wir die Geschichte doch anders:

Die Reise ins partiell Unbekannte beginnt kurz nach Sonnenaufgang. Der einst beschwerliche Fußmarsch hat sich inzwischen stark verändert, denn das zerklüftete Gebirge ist der Stadtbebauung gewichen. Das unwegsame Gelände reduzierte sich auf Straßenquerungen und von dem einst beschwerlichen Fußmarsch sind lediglich zehn Minuten schnellen Gehens verblieben. Das wärmende Heim wurde nach einem überhasteten Morgen anonym verlassen. Kein Dorf welches einen verabschiedet. Kein Mensch, welcher sich ob der zweifelhaften Rückkehr sorgt. Weiß der Zeitgeist um die Lage, gibt es deshalb keine Zeremonien mehr? Die Heimkehr ist jedenfalls fest eingeplant, eine gebührende Verabschiedung ob der nach wie vor drohenden Gefahren deshalb wegrationalisiert und generell nicht mehr möglich. Denn die Partner_in verließ das Haus schon weit vor Sonnenaufgang oder wurde ebenfalls durch das Controlling gestrichen – jeder befindet sich auf seiner/ihrer ganz eigenen Odyssee! Die literarische Tortur durch besagten Weg ist dem Kampf um einen Platz im Bus gewichen. Diverse Gerüche – nur wenige davon natürlich – Geräusche und Bilder begrenzt auf die Dimensionen des eingestetzen Fahrzeuges ersetzen die Impressionen einer Wanderung, der i-pod echte Musiker. Haltestellen statt Übernachtungen! Auch heute noch ist der Weg die erste Bedrohung. Nun hat sich der Ritter in den Erzählungen sein Schicksal häufig selbst ausgesucht, mal aus selbstdarstellerischen Motiven dann aus Liebe. Warum sich unser Reisender nun dieser Aufgabe stellt ist nicht in Gänze klar, wohl auch ihm selbst nicht. Nur allzu häufig sind es diffuse Entstehungsgeschichten welche in  große Kämpfe münden. In allen Fällen begünstigt jedoch die umgebende Ordnung solch tendentiell suizidale Unternehmungen. Man könnte von Zwang sprechen, ich lasse diese Bewertung lieber im Nebel!

Die finale Haltestelle ist zwischenzeitlich erreicht, eine Minute später als es der Routenplaner versprochen hat und hinter der Erhöhung des nächsten Bürgersteigs wartet in sich ruhend das Ziel. Aufgrund des wieder abfahrenden Buses noch ein letztes Mal verdeckt, dann schon fast plötzlich bedrohlich nah! Anders als bei den historischen Gebirgsketten strahlt die Sonne durch die Innenhöfe und Durchgänge der fünf-stöckigen Glasfassaden und umhüllt diese nahezu künstlerisch. Beeindruckene visuelle Effekte in Gelb, Rot und Orange! Jedoch, die Gebäude selber sind stumpf – automatische Jalousien verhindern das unerlaubte Eindringen der morgendlichen Sonnenstrahlen effektiv. Die einzelnen Parzellen wirken wie eingesperrt zwischen den verschieden akzentuierten Lamellen und dem Stahlbeton. Der Mensch kann perfekte leblose Gebirge erschaffen. Der Eingang – etwas Unterhalb des Straßenlevels tatsächlich höhlenähnlich: Flache, lange Stufen gleichen den Höhenunterschied aus und verursachen einen zusätzlichen Weg von mehreren Metern. Unübliche Stufenabstände simulieren natürlich entstandene Unpässlichkeiten. Seitlich komplett von Sichtbeton eingefasst schwindet das natürliche Licht mit jedem Schritt, oberhalb erhebt sich das Glasmassiv! Form folgt Funktion… Zwei schwere Glastüren öffnen sich und das Foyer umschließt einen. Die Türen fallen geräuschlos zu – die Höhle ist betreten.

Es wirkt befremdlich, dass sich scheinbar mehrere Ritter anschicken den Drachen zu bekämpfen, planbar, jeden Morgen. Manche in den strahlensten Mode-Rüstungen, scheinbar gut trainiert denn die Selbstsicherheit dieser Kämpfer ist unangenehm präsent. Dies ist zugegeben nur eine Vermutung denn die tatsächlichen Emotionen bleiben hinter dem Visier des Make-ups oder der geschäftigen Eile verborgen! Da die helm-ähnlichen Gelfrisuren den Rest des Kopfes vor physischer Gewalt oder spekulativ satellitengestützter Wirtschaftsspionage schützen und die Kleidung über jeden Angriff erhaben scheint scheuen diese Kämpfer nicht den schnellen Weg in den Kampf. So bringt der Aufzug sie mit konstanter Beschleunigung dem Himmel näher. Und obwohl es aufwärts geht beschleunigt diese Technologie lediglich den Niedergang ins Verderben. Tendenziell ein Paradoxon!

Unser Protagonist scheut diesen direkten Weg und tastet sich durch das Treppenhaus vor. Dieses, gelegen im Innenhof, ist lichtdurchflutet und gleichsam kalt. Stahl und Milchglas als Umgebung erzeugen zwar die Sicherheit den nächsten Schritt gefahrlos tätigen zu können doch eine Wohlfühlatmosphäre sieht anders aus. Natürlich haben Höhlen, besonders wenn sie eingebettet in Geschichten bedrohlich wirken sollen eben diesen Effekt. Man kann also an dieser Stelle nur staunen wie konsequent Menschen in der Lage sind künstliche, beschwerliche Wege in die Tiefen der zeitgenössischen Gebirgsmassive zu errichten. So folgen meine Emotionen eigentlich nur der geplanten Logik des Konstrukteurs wenn man sich mit jeder Stufe einen weiteren kleinen Teil von der sicheren Freiheit entfernt und dementsprechend gefangen fühlt – zusätzlich beeindruckend ist, dass die Moderne den elementaren Konstruktionsfehler natürlicher Höhlen invertiert hat. Der schleichende Weg in die Dunkelheit bis auch der letzte lichte Punkt am Ausgang vergeht, gleichsam Kraft wie auch Angst erzeugend, ist abgelöst durch das lichte Treppenhaus, dieses zeigt zwar jederzeit die zurückgelegte Distanz , kreiert dabei aber eine trügerische Sicherheit. Die Dunkelheit kommt plötzlich, wie ein Überfall am Ende der Stufen, entweder man ist vorbereitet oder eben nicht! Innehalten… Jedem ist nun klar, dass die nächsten Schritte die letzten sein werden bevor sich der Drache zeigt. Anspannung!

Das Öffnen einer Tür stellt eigentlich keine Herausforderung mehr dar, jedoch benötigt diese Tür einen spezifischen elektrischen Öffner. Vergleichbar mit irgendeinem verzauberten Hilfsmittel aus verkorksten Filmen. Albernes kleines Teil ermöglicht den nächsten Schritt welchen man eigentlich nicht gehen möchte aber es dann doch tut, warum auch immer. Doch anders als in den Geschichten gibt es den Zugangsschlüssel hier nicht nur einmalig, keine spezifische Prophezeiung und kein vom Schicksal eingeplanter Sieg über das Monster. Jeder Ritter hat einen und so kann/sollte jeder auch kämpfen – fragt euch: Wie sicher muss sich „das Böse“ fühlen? Das Schicksal scheint sich bei dem Kampf jedenfalls nicht nur auf einen Helden festlegen zu wollen – sicherer Erfolg? Fragen kommen auf. Der Chip öffnet, losgelöst von solchen Gedankenexperimenten und jedwede Konsequenz ignorierend, unbeeindruckt die Tür. Der Weg ist frei. Die eigene Rüstung wiegt nun doppelt schwer, sie sitzt nicht so perfekt wie bei vielen anderen anwesenden Kämpfern, wirkt fremd und hinderlich. Fühlte mensch sich Anfangs noch sicher, eingebettet in den Strom der anderen Ritter so folgt nun die Revanche dieser trügerischen Illusion! Selbst ohne Helm ist die Bewegungsfreiheit von Kopf und Körper spürbar eingeschränkt – die freie Entfaltung nahezu vollständig verhindert. Noch vor dem Kampf hat man dem Kämpfer die wichtigsten Waffen genommen.

Fortsetzung folgt…