Nordisch-Mythische Grauzone

*Disclaimer: Die hier verlinkten Quellen konnten von mir nicht auf “Coolness” überprüft werden. Sie dienten der Recherche und dienen hier als Beleg. Kann sich aber durchaus gut und gern um Arschgeigen handeln, die die Seiten betreiben – Keine Ahnung! Grundsätzlich ist mir der ganze (Black) Metal Wust allgemein ein viel zu undurchsichtiger Sumpf, da gibt es Menschen, die sich weit besser als ich auskennen.*

Im letzten Blogpost thematisierte ich in einer Randnotiz die Black Metal Band “Faagrim” und ihr (ehemaliges) Plattenlabel “Christhunt Productions”. Letzteres steht in direktem Bezug zu diversen NSBM-Bands, die sie vertreibt. Ich hatte nicht mitgeschnitten, dass “Faagrim” das Label mittlerweile gewechselt hat, der Vorwurf in einer Grauzone verortet werden zu müssen wird dadurch nicht weniger haltbar. Zur Kritik am ehemaligen Label erklärt der “Faagrim”-Frontmann:

“Ich persönlich habe kein Problem mit Christhunt Productions. Sicherlich wird man des Öfteren mit anderen Bands die auch unter CHP fungieren gleichgesetzt, aber das stört mich herzlich wenig. So lange man sich selbst nichts zu schulden kommen lässt, gibt es keinen Grund sich mit irgendwelchen unberechtigten Denunzierungen auseinanderzusetzen. Und eine Band nur wegen eines Labels oder eventuell “ähnlichen” Bands in eine bestimmte Ecke zu drängen, finde ich ohnehin etwas lächerlich.”

Was Frontmann “Rottensang” nervt wird auch aufgegriffen:

“Aber auch diese ganzen osteuropäischen pseudeo NSBM Bands [regen ihn auf; Anm. d. Verf.], deren Großväter wahrscheinlich noch die unseren im Krieg erschossen und die damalige „Ideologie“ bekämpft haben [Rassismus ist ausschließliches Recht von Deutschen?; Anm. d. Verf.], denen es heutzutage aber anscheinend nur noch darum geht, möglichst oft „SH“ zu brüllen und die Symbolik des dritten Reichs im Logo, oder CD-Booklet zu haben, gehen mir gehörig gegen den Strich.” [meine Hervorhebung; d. Verf.]

Eine generelle Distanzierung vom NSBM sieht anders aus. Es impliziert ja sogar, dass es richtigen und legitimen NSBM gäbe, der nicht zu kritisieren sei. Hier wird die Problematik des Genres, besonders des Schwarzmetalls, mehr als deutlich. In einem Fahrwasser, das ohnehin schon mit den Mythen und der Mythologie, dem Germanentum und ähnlichen Themen, strukturelle Anknüpfungspunkte für rassistische und faschistoide Ideologien bietet, wird ein klares Bekenntnis gegen derartige, verblendete Sichtweisen noch notwendiger, als es ohnehin schon ist. Genau das erfolgt aber nicht. Stattdessen wird nach dem klassischen Schema verfahren, nach dem man sich selbst als “unpolitisch” präsentiert und die Diskussion um Ideologie damit für beendet erklärt.

Rassismus wird damit zur legitimen politischen Ansicht bagatellisiert und politische Ansichten werden zur Privatsache verklärt. So verfährt auch die Band “Nekrokrist SS” deren Name schon aufschrecken lässt. Diese finnische Kombo, bestehend aus “Nekroführer” und “Nekrokommando” sieht sich selbst als gänzlich normale Black Metal Band. Die persönlichen Ansichten werden zur Privatsache erklärt (“Nekrokrist is not NSBM band, what WE are is not anyone’s business!”). Der Namenszusatz “SS” bezieht sich natürlich nicht auf das, was alle denken, sondern symbolisiert die satanische Bruderschaft des Anti-Christen (“‘SS’ – of the band name have very different meaning that you may think. In a way it symbolizes the satanic brotherhood of me and Nekrokommando! The name Nekrokrist SS means us the brotherhood of Anti-Christ.”). Das alles wirkt wenig glaubwürdig und mehr als zweifelhaft, nicht zuletzt beim Titel des 2003er Demotapes “Gas Chambers, Crematory And Hell“, das unter anderem den Track “Gas Chamber 88” enthält. Der Zahlencode 88 ist dort natürlich sicher nur zufällig. (Interview-Passagen)

Mit dieser doch eher zweifelhaften Band hat “Faagrim”, die seit ihrer zweiten Platte beim französischen Label “Thors Hammer Productions” erscheinen, nun eine Split CD veröffentlicht. Die Verortung von “Faagrim” in der Grauzone scheint damit zusätzlich zu oben zitierter Aussage nochmals unterstrichen.

(Nachtrag: Diese Split ist von Thors Hammer Productions in Zusammenarbeit mit “Darker than Black Records” produziert worden. Dies ist das Haus und Hof-Label DER deutschen NSBM-Band “Absurd”. Dies ist zweifelsohne als weiterer Beleg für die uncoolen Fahrwasser, in denen sich Faagrim bewegt, zu werten.

Ein weiteres schönes Beispiel für Faagrims mindestens vorhandene Rechtsoffenheit ist das Demotape “…und Winter kam”. Auf dem Tape fand sich mit “The Vampiric Tyrant” ein Cover der Band “Satanic Warmaster” zu der u.a. Wikipedia Interessantes zu berichten weiß. Abgerundet wird das Tape durch einen Schriftzug in Runenform im Booklet: “Nordgermanischer Heimatsfront Schwarz Metall” steht dort geschrieben.)

Ich hatte im letzten Blogpost dem Elmshorner Eventclub “One” vorgeworfen, dieser Band mit dem dort am Samstag 12.01.2013 stattfindenden Bandcontest ein Forum zu bieten, was nach dem Konzert der rechten Hoolband “Kategorie C” ein weiterer Beleg für die Kurzsichtigkeit des Veranstalters gewesen sei. Was bei “KC” fehlte, war hier nun gegeben, nämlich der Bandname und damit die Möglichkeit zu Recherche und Kontaktaufnahme. Allerdings natürlich bestünde auch für mich die Möglichkeit der Kontaktaufnahme zum “One Elmshorn”. Ich wurde heute darauf hingewiesen, dass – anders als ich – offenbar Elmshorner Metalfans das “One” direkt mit den Ergebnissen einer ähnlichen Recherche zu “Faagrim”, wie ich sie angestellt habe, konfrontiert haben.

Der Betreiber war dem Vernehmen nach sehr dankbar für den Hinweis und gab der Band daraufhin die Chance sich zu erklären. Da diese sich auf die typischen Gemeinposten “unpolitisch”,“nur Musik”, etc. zurückzogen, wurde die Band daraufhin offenbar vom Contest ausgeschlossen. Insofern muss dem “One” und seinem Betreiber hier ein Lob und den entsprechenden Elmshorner Metalheads ein Dank für’s Kümmern ausgesprochen werden.

Der neue Flyer exkl. “Faagrim”
Der alte Flyer inkl. “Faagrim”

(Nachtrag: Anders verhält es sich mit dem eher linken “Juki42” in Ahrensburg, wo Faagrim am 26.01.2012 beim “Mosh N Roll” Festival auftreten darf. Unseren Informationen zufolge, hatte man die Band anfangs Abgelehnt, ihnen inzwischen aber abgenommen, sich glaubhaft vom vorherigen Schaffen losgesagt zu haben. Wie glaubwürdig die Distanzierung sein kann, wo die oben angesprochene Split, die doch deutliche Verquickungen ins NSBM-Milieu aufweist, doch erst 2012 erschienen ist, bleibt fraglich.)

(Nachtrag: Wie ein Kommentator richtig anmerkte ist “Faagrim” mittlerweile bei “Misanthropic Art Productions”, das Album “Torchlight Funerals” soll dieses Jahr erscheinen.)

Vielen Dank an alle, die weitere Hinweise gegeben haben.

Einfach mal vorher fragen

Wenn die Band „Kategorie C – Hungrige Wölfe“ heutzutage Konzerte spielt, wird der genaue Veranstaltungsort stets erst am Konzertabend über eine anzurufende Handynummer bekanntgegeben. Vorher gibt es nur eine grobe Ortsbestimmung, etwa „Großraum Hamburg“. Das macht antifaschistische Intervention gegen die Bremer Hooliganband und ihre Fans, beide „unpolitisch“ – also in weiten Teilen extrem rechts, tatsächlich schwierig. So bleibt oftmals nur, die Betreiber der Lokalitäten, in denen die Band ihre Konzerte spielt, auf das Wesen der Gäste hinzuweisen.

Der Betreiber des „ONE-Elmshorn“ ahnte nichts Böses, als er seinen Laden für ein Konzert mit „Deutsch-Rock“ buchen lies. Nun erstattet er Anzeige, nicht gegen die Band, sondern die  Antifa Pinneberg. Die hatte öffentlich Bedenken geäußert, dass er, Kullen Bronst, neben dem „Karl-Heinz-Timm-Gedächtnisturnier“ für Jugendfußballmannschaften nun offenbar auch Rechtsrock Konzerte veranstalten würde. Der Ärger über die so hergestellte Verbindung und die Angst um seine Reputation ließen ihn nun offenbar das Mittel der Anzeige wählen. Dass er nicht wusste, wem er da das „ONE“ anvertraut, ist durchaus glaubwürdig, die Anzeige zeugt jedoch von schlechtem Stil. Es wäre nicht zu viel verlangt nach dem Namen der Band zu fragen, die da aufspielen soll und Recherchen zu betreiben. Gerade zu „Kategorie C“ ist da ja schnell valides Material zu finden.

So muss man eben auch durch die  Scheiße waten, in die man sich wohl nur unabsichtlich hineingeworfen hat. Es mag sein, dass pauschale Fingerzeige auf Betreiber von Eventlocations nicht die Lösung des Problems sind, wie Robert Lüdecke von der Amadeo Antonio Stiftung sagt. Doch können sie eventuell helfen zu einer Sensibilisierung beizutragen. Locationbetreiber sollten allgemein vorsichtiger sein, an wen sie ihre Locations vermieten. Hätte Kullen Bronst sich im Wissen um die Identität der Band gegen das Konzert entschieden, wäre das ein wichtiger Schritt, den nicht einmal alle seiner Kollegen gehen würden. Zu sehr noch gilt vielen extrem rechtes Gedankengut als legitime politische Meinung, über die ein Locationbetreiber nicht zu urteilen hätte.

Lüdeckes Lösungsansatz, mehr verdeckte Ermittler in die Szene der extremen Rechten zu schleusen, mutet wie ein schlechter Scherz an. Es muss doch sehr verwundern, dass eine solche Forderung aus den Reihen der Amadeo Antonio Stiftung kommt, deren Blog Publikative.Org gar schon leierkastenartig auf die Hilf- und Erfolglosigkeit der V-Mann-Praktik der Verfassungsschutzämter hingewiesen hat. Nicht zuletzt durch den NSU-Fall wurde dies auf schockierende Weise bewiesen.

Ein Ansatz dem Problem tatsächlich – zumindest in Teilen – beizukommen, wäre es antifaschistischen Recherchen größere Bedeutung beizumessen. Stattdessen jedoch wird ganz im Sinne der Extremismustheorie alles „linksextreme“ kriminalisiert. Während auf die staatliche Akzeptanz also lange gewartet werden kann, ist die zivile Akzeptanz weit einfacher zu realisieren. Angefangen werden könnte mit dem Zurückziehen der Anzeige. Beim nächsten Mal könnten Kullen Bronst und seine Mitarbeiter ja einfach mal nachfragen, um welche Band es sich handle und sich vertrauensvoll an die  Antifa Pinneberg wenden, um zu erfahren, wie cool die Band denn sei. Gesetz dem Fall natürlich, man möchte mit Herrn Bronst noch reden, nach der Anzeige.

Ergänzung: Noch absurder wird die Geschichte, wenn man sich das kommende Programm des One in Elmshorn ansieht. Dort findet in der kommenden Woche ein Bandcontest statt. Teil des Programms ist die Metalband „Faagrim“, die sich selbst als unpolitisch bezeichnet und sich in Interviews gerne vom NSBM (National Socialist Black Metal) distanziert. Schon nach kurzer Recherche ist allerdings ersichtlich, dass das Plattenlabel „Christhunt Productions“ dieser Band eindeutig dem rechten bzw. NSBM Milieu zuzuordnen ist. Nicht zu bestreiten also, dass sich „Faagrim“ damit wenigstens in einer dunklen Grauzone bewegt. Zufall? Offensichtlich zumindest nichts gelernt.

Pressespiegel der Antifa Pinneberg